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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

Kiste. Koschemann ist ein geschickter Mechaniker. Der Sachverständige hat zwar gesagt, ein Mechaniker würde es anders gemacht haben, ich bin aber anderer Ansicht und dann, kann nicht ein Mechaniker ganz absichtlich irgend etwas an der Kiste ungeschickt und kunstwidrig gemacht haben, gerade um den Verdacht von einem Mechaniker abzulenken? Nun kommt die Schrift der Adresse. Ich erkläre, daß ich von der Kunst der Graphologie nur insoweit etwas halte, als sich jeder einzelne von den Ähnlichkeiten oder Unähnlichkeiten von Schriftzügen überzeugen kann. Aber das steht doch fest, daß in der Schreibart Koschemanns manche große Ähnlichkeiten mit der Schrift auf der Adresse zu finden sind. Endlich kommt die Frage der Weckeruhr. Ich meine doch, daß Koschemann der Käufer des Weckers in Königs-Wusterhausen gewesen ist. Er wird vom Uhrmacher nach seinem Namen gefragt; seinen richtigen darf er nicht nennen, so gibt er den Namen Kurte an, der denselben Anfangsbuchstaben hat wie der Name Koschemann. Ein kleines Zeichen, aber es gibt zu denken. Koschemann stellt dann die Behauptung auf, er habe gehört, daß ein Schankwirt Krüger einen Wecker gekauft habe und wahrscheinlich mit ihm verwechselt werde. Krüger wird vernommen, es zeigt sich, daß er nie einen Wecker gekauft hat. Wer derartige Kniffe zu seiner Entlastung anwendet, der kann sich nicht unschuldig fühlen, ein Unschuldiger beschränkt sich darauf zu sagen: „Ich war es nicht!“ Erwiesen ist ferner, daß Koschemann wiederholt auf die Polizei und besonders auf den Polizeioberst Krause geschimpft und sich nach dessen Bureaustunden erkundigt hat. Es hängt viel davon ab, ob man dem Zeugen Brede Glauben schenkt. Ich halte ihn für glaubwürdig. Er erhält das beste Zeugnis von seiner Behörde und er sagt sofort dem Schutzmann „auf eine Belohnung verzichte ich“. Er hat den Vater des Angeklagten Koschemann gewarnt, er sagt, „heilen Sie Ihren Sohn, er ist auf Abwegen, er ist Anarchist!“ So handelt kein Mann, der im Solde der Polizei steht, wie man ihn

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 188. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/196&oldid=- (Version vom 7.1.2019)