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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

Henkmann‚ Friedrichsgracht 62, einen vom 23. Januar d. J. datierten Brief, in welchem er sich auf eine von Spohr angeblich geschriebene Postkarte bezog und darin einen von ihm erfundenen mechanischen Zünder empfahl, der von ihm in einfachster Weise konstruiert sei und immer eine genau vorausbestimmte Zeit laufe, also nach 3, 5, 10, 20 Minuten, wie er gerade berechnet sei, mit absoluter Sicherheit zünde. Spohr habe eine solche Postkarte überhaupt nicht geschrieben; letztere werde jeden davon überzeugen, daß die Postkarte von Henkmann selbst geschrieben sein müsse. Der Eindruck, den die Sache auf Spohr gemacht, sei gewesen, daß hier eine Spitzelarbeit verrichtet würde. Am 26. Januar sei dann ein Mann auf der Expedition des „Sozialist“ erschienen, der sich als der Briefschreiber Henkmann vorstellte. Er behauptete, auf ein von ihm in der „Berliner Zeitung“ aufgegebenes Inserat, worin ein Geldmann einen Teilhaber eines Patent-Unternehmens suchte, eine Postkarte, unterzeichnet von Spohr, erhalten zu haben, worin dieser um nähere Auskunft über das Unternehmen gebeten haben sollte. Henkmann machte entschieden den Eindruck eines Provokateurs und man beschloß, die weiteren Aktionen des Henkmann abzuwarten. Letzterer suchte sich in der großen Barcelona-Protestversammlung bei Keller dem Spohr zu nähern und lud ihn zum Kneipen ein. Henkmann habe keineswegs den Eindruck gemacht, daß er Anarchist sei, er habe aber sowohl Spohr als ihm selbst gegenüber sehr aufreizende Redewendungen gebraucht. So habe er u. a. gesagt: Die deutschen Anarchisten seien doch sehr schlappe Kerle, daß sie sich so etwas gefallen ließen. Als man ihm entgegenhielt, daß die deutschen Anarchisten doch in Barcelona nichts tun könnten, habe Henkmann erwidert: auch in Deutschland haben die Anarchisten genug zu tun. Er habe ferner gesagt: Wenn ich einmal aus der Welt gehe, dann muß Krause mit. Er, Zeuge, habe damals geglaubt, Henkmann habe mit dem Namen Krause nur eine Umschreibung des Namens des Kaisers geben wollen, erst der Prozeß

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/185&oldid=- (Version vom 9.7.2019)