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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

Morde beteiligt habe, so sei sie dennoch im Sinne des Gesetzes Mittäterin. Der Staatsanwalt begründete dies unter Berufung auf Reichsgerichts-Entscheidungen und den Kommentar von Olshausen in eingehender Weise. Die Person, die die Aufpasserin spielte, die die Brötchen schon einige Tage vor dem Morde abbestellte, habe doch zweifellos die Tat gewollt. Wenn die Geschworenen dem zustimmen, dann müssen sie die Schuldfrage wegen Mordes auch bezüglich der Ehefrau Blömers bejahen. Sollten aber die Geschworenen die Hauptfrage verneinen, so werden sie zweifellos die Frage nach Beihilfe bejahen. Er ersuche die Geschworenen, sich nicht vom Mitleid leiten zu lassen, sondern nach Recht und Gewissen zu urteilen. Er beantrage, die Hauptschuldfragen gegen alle drei Angeklagten zu bejahen.

Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Starker: Meine Herren Geschworenen! Nach dem offenen Geständnis meines Klienten Adolf Blömers habe ich keine weitere Verteidigungsrede zu halten. Es kann nur darauf ankommen, ob Totschlag oder Mord vorliegt. Ich ersuche Sie, urteilen Sie nach Pflicht und Gewissen.

Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Schiedges: Meine Herren Geschworenen! Als die Kunde von dem gräßlichen Verbrechen durch die Zeitungen ging, da wurde im Publikum die Frage aufgeworfen: Wird solchen Mördern auch noch ein Verteidiger gestellt? Jawohl, ebenso wie das Gesetz Sie und den Gerichtshof an Ihre Stelle gesetzt, dem Herrn Staatsanwalt die Vertretung der Anklage anvertraut hat, so hat das Gesetz bestimmt, daß auch dem schrecklichsten Verbrecher ein Verteidiger bestellt wird. Damit wollte der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen, daß, wenn auch das Verbrechen noch so gräßlich, es Pflicht aller Prozeßbeteiligten, in erster Reihe der Geschworenen ist, die Tat aufs sorgfältigste zu prüfen. Das ist im vorliegenden Falle um so notwendiger, da es sich um drei Menschenleben handelt. Kein Zweifel, ein verdienter Offizier ist in gräßlichster Weise aus den niedersten Beweggründen

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/166&oldid=- (Version vom 31.7.2018)