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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

ihr geschrieben: er müsse das Verhältnis abbrechen, weil er die Schwindsucht habe. (Große allgemeine Heiterkeit.) Der Angeklagte habe sich mit ihr verloben wollen. Sie sei damit einverstanden gewesen, ihre Mutter habe aber nicht die Einwilligung gegeben. Es sei ihr an dem Angeklagten nichts aufgefallen; er habe sie mehrfach angedichtet. Im Januar 1907 habe sie von dem Angeklagten mit der Unterschrift von Eicken aus Dortmund eine Karte erhalten; sie habe aber sofort an der Handschrift erkannt, daß die Karte von dem Angeklagten sei. – Vors.: Hat sich der Angeklagte Ihnen gegenüber vielleicht als v. Eicken ausgegeben? – Zeugin: Nein, Herrn v. Eicken kenne ich aber. – Vors.: Wer ist dieser v. Eicken? – Zeugin: Der ist bei der Marine. – Vors.: Hat der Angeklagte mit Ihnen über den Mord im Stadtwald gesprochen? – Zeugin: Jawohl, er sagte einmal: Jetzt darf ich nicht fortgehen aus Essen, sonst komme ich auch noch in Verdacht. – Ein ehemaliger Untersuchungshäftling, namens Kaldewey, bekundete: Er habe drei Wochen mit dem Angeklagten in einer Zelle gesessen. Der Angeklagte habe ihm viel über den Mord erzählt, schließlich habe er gesagt: ich habe es nicht getan. Ich habe den Gummimännern, d. h. der Justiz, nur eine Nase drehen wollen; ich werde sehr bald wieder entlassen werden. – Ehemaliger Gefangener Noster bestätigte die Bekundung des Vorzeugen. Der Angeklagte sagte: Mehr wie den Kopf kann es nicht kosten. Endlich sagte er: Glauben Sie doch nicht, daß ich ein Mörder bin, ich habe weder jemals Miß Lake noch meine angeblichen Komplicen gesehen, ich habe den Gummimännern, d. h. der Justiz, nur eine Nase drehen wollen; ich verdiene, weil ich mich als Täter angegeben habe, ein schönes Stück Geld. Auf meine Frage, weshalb er ins Ausland geflohen sei, antwortete er: Um die Sache glaubhafter zu machen. Ich behalte mir den Trumpf bis zum Schluß der Verhandlung vor. Meine Sache ist viel interessanter als die des Hauptmanns von Köpenick. (Allgemeine Heiterkeit.) – Vors.: Hat der Angeklagte auch renommiert,

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/146&oldid=- (Version vom 31.7.2018)