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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

ersuchte die anwesenden Gerichtsärzte, dem Angeklagten Hilfe zu leisten. Auf Anordnung der Ärzte wurde der Angeklagte von einem Polizeisergeanten und einem Gerichtsdiener an die frische Luft geführt. Nach etwa 15 Minuten hatte sich der Angeklagte, der noch immer sehr elend aussah, soweit erholt, daß die Verhandlung fortgesetzt werden konnte. Die Öffentlichkeit wurde wieder hergestellt.

Alsdann wurde Frau Kort als Zeugin vernommen: Sie unterhalte in der Rellinghauser Straße einen öffentlichen Mittags- und Abendtisch. Seit 1. Oktober 1906 habe der Angeklagte bei ihr gegessen. Er habe für Mittagessen 70, für Abendbrot 50 Pfg. bezahlt. Am 1. Oktober sei der Angeklagte etwa 20 Minuten vor 8 Uhr zum Abendbrot gekommen. Es sei ihr an dem Angeklagten nichts aufgefallen. – Der Sohn und zwei Töchter dieser Zeugin bestätigten diese Bekundung. Die Tochter Hedwig hatte gebucht, daß Land am 1. Oktober 1906 bei ihrer Mutter Abendbrot gegessen habe. Auf Antrag des Ersten Staatsanwalts legte Hedwig Kort das von ihr geführte Buch vor, aus dem hervorging, daß der Angeklagte am 1. Oktober 1906 bei ihnen Mittag- und Abendbrot gegessen habe. – Frau Bettena, die Schwester der Hedwig Kort, bestätigte die Bekundungen ihrer Mutter und ihrer Schwester. – Vors.: Bei Ihrer Mutter verkehrten doch wohl viele Herren? – Zeugin: Jawohl. – Vors.: Wie kommt es, daß Sie sich gerade so bestimmt zu erinnern wissen, daß der Angeklagte am 1. Oktober bei Ihrer Mutter Abendbrot gegessen hat? – Zeugin: Weil ich zu Hedwig sagte: Heute kommt ein neuer junger Mann, der kann vielleicht für dich etwas sein. (Große allgemeine Heiterkeit.) – Vors.: Das ist ja allerdings ein Anhaltspunkt. Sie glaubten, der junge Mann wäre für Ihre Schwester eine passende Partie. – Zeugin (verschämt lächelnd): Ja. – Die Bureaubeamten Bertelmann und Walther bekundeten: Sie haben mit dem Angeklagten zusammen im Bureau des Kohlensyndikats gearbeitet. Bis 1. Oktober 1906 sei die Bureauzeit beim Kohlensyndikat bis 5/2 Uhr, vom 1. Oktober 1906 ab

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/141&oldid=- (Version vom 1.8.2018)