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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

Folge zu leisten. Hartmann habe sich plötzlich losgerissen, mit erhobenen Händen umgewendet und sei geflohen. Hartmann machte nicht den leisesten Versuch, gegen Hüssener tätlich zu werden. – Verhandlungsf.: Torkelte Hartmann? – Zeuge: Nein, Hartmann war wohl stark angetrunken, aber er konnte ganz ruhig gehen und war vollständig Herr seiner Sinne. – Verhandlungsf.: Stand ihm Speichel vor dem Mund? – Zeuge: Keineswegs. Auf weiteres Befragen bemerkte der Zeuge: Er habe sich den Vorgang am anderen Morgen genau aufgeschrieben; er tat dies schon im Interesse der mit ihm befreundeten Familie Hartmann. Er habe sich gerade bei Hartmann befunden, da sei Rechtsanwalt Dr. Niemeyer hinzugekommen. Auf Wunsch der Familie Hartmann habe ihn Dr. Niemeyer zu Protokoll vernommen. Er habe seine Erlebnisse auch einigen Zeitungen mitgeteilt. – Verhandlungsf.: Sind Sie auch in einer sozialdemokratischen Versammlung als Redner aufgetreten? – Zeuge: Gott bewahre, das ist eine gemeine Lüge, es ist vollständig aus der Luft gegriffen. Ich wollte auch an die „Rheinisch-Westfälische Arbeiter-Zeitung“ eine Berichtigung schicken, ich halte es aber unter meiner Würde, mit diesen Leuten zu polemisieren. – Verhandlungsf.: Waren Sie betrunken? – Zeuge: Nein, ich hatte wohl 20 Glas Bier getrunken, ich war aber vollständig nüchtern. (Heiterkeit.) – Verhandlungsf.: Hatten Sie nicht auch Schnaps getrunken? – Zeuge: Nein. – Vertreter der Anklage: Der Zeuge hat mir zugegeben, 30 Glas Bier getrunken zu haben, dann dürfte er doch nicht mehr nüchtern gewesen sein? – Angekl.: Das kommt auf einen Versuch an. (Heiterkeit im Zuhörerraum.) – Verhandlungsf.: Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß Sie durch eine solche Bemerkung die Würde des Gerichtshofes verletzen. Wenn Sie das noch einmal tun, dann werden wir Sie in Strafe nehmen. – Der Zeuge bekundete noch: Der Angeklagte habe mit einem Büffettmädchen‚ das bei Aschinger in Stellung war, und seines unsittlichen Lebenswandels wegen entlassen wurde, ein Liebesverhältnis

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/104&oldid=- (Version vom 1.8.2018)