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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

ist Ihr Bruder? – Angekl.: Gerichtsreferendar. – Verhandlungsf.: Wie verhielt es sich mit dem Vorgang bei der Silberhochzeit Ihrer Eltern? – Angekl.: Vor zwei Jahren feierten meine Eltern im Hotel „Essener Hof“ in Essen ihre Silberhochzeit. Da meine Mutter den Wunsch geäußert hatte, ein Dienstmädchen aus einem Restaurant engagieren zu wollen, nahm ich mit einigen Dienstmädchen in der Küche des erwähnten Hotels Rücksprache. Der Direktor, der sehr bald erschien, wies mich aber aus der Küche hinaus. Ich hatte viel schweren Wein getrunken und war infolgedessen etwas aufgeregt. Dadurch hatte ich mit dem Hoteldirektor einen heftigen Auftritt. – Verhandlungsf.: Sie sollen bei dieser Gelegenheit mit einem Revolver gedroht haben? – Angekl.: Das ist nicht wahr. – Beisitzender Gerichtsassessor Wachsmuth: Kannten Sie den Kriegsartikel 13? – Angekl.: Nein. – Beisitzender: Ist Ihnen nicht, ehe Sie in Urlaub gingen, eingeschärft worden, auf Urlaub ganz besonders vorsichtig zu sein? – Angekl.: Jawohl. – Verhandlungsf.: Waren Sie am Ostersonnabend‚ als Sie abends den Erstochenen trafen, nüchtern? – Angekl.: Jawohl, ich war nur bei meiner Tante und hatte dort sehr wenig getrunken. – Der Verteidiger beantragte, den Brief, den der Angeklagte aus dem Arrest an die Familie Hartmann, und auch die Briefe, die er aus dem Untersuchungsgefängnis an seine Mutter geschrieben, sowie verschiedene Zeitungsartikel zu verlesen. Aus diesen Artikeln werde hervorgehen, daß der Zeuge Lütscher der Presse Material geliefert, in sozialdemokratischen Versammlungen das Wort genommen und dort die Notwendigkeit der Beseitigung des „Kadavergehorsams“ beim Militär betont habe. Es wurde zunächst der Redakteur der Rheinisch-Westfälischen Zeitung, Gilles (Essen) als Zeuge vernommen. Gilles bekundete: Er habe gehört, es existiere ein Notizbuch, in dem der Angeklagte eine Reihe von Fällen eingetragen habe, in denen er von Untergebenen nicht oder nicht vorschriftsmäßig gegrüßt wurde; aus eigener Wissenschaft könne er aber nichts sagen. – Oberleutnant

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/100&oldid=- (Version vom 1.8.2018)