Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2 | |
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Damen der zwanzigjährige Student Karl Hau. Dieser, der schon als blutjunger Gymnasiast ein sehr ausschweifendes Leben geführt und dadurch üble Folgen davongetragen hatte, war auf ärztliches Anraten nach Ajaccio gekommen. Es gelang ihm sehr bald, das Herz der damals 25 Jahre alten Lina Molitor zu erobern. Er hielt um die Hand der jungen Dame an. Allein mit Rücksicht auf seine grobe Jugend und den Umstand, daß er sich noch in den ersten Semestern befand, wurde er von der Medizinalrätin Molitor abgewiesen. Hau wußte aber Fräulein Molitor zu überreden, sich auf ein Sparkassenbuch 2000 Mark zu verschaffen. Mit diesem Gelde reisten die beiden jungen Leute heimlich ab, angeblich um sich trauen zu lassen. Sehr bald müssen wohl die jungen Leute zu der Überzeugung gelangt sein, das ihrer Eheschließung unüberwindbare Hindernisse entgegenstanden. Frau Medizinalrätin Molitor erhielt eines Tages aus Realp am St. Gotthard ein Telegramm, in dem angezeigt war: ihre Tochter habe aus Verzweiflung auf sich geschossen und liege schwer verwundet darnieder. Die alte Medizinalrätin eilte an das Krankenbett ihrer Tochter, die nach kurzer Zeit genas. Um nun die Ehre ihrer Tochter zu retten, willigte Frau Molitor in die Heirat. Das junge Paar begab sich nach der Hochzeit sehr bald nach Washington. Es lebte von den Unterstützungen der beiderseitigen Eltern, denn Hau hatte noch sechs Semester zu studieren. Nach bestandenem Examen wurde Hau, der der deutschen, englischen, französischen und italienischen Sprache in Wort und Schrift vollkommen mächtig ist, Privatsekretär des ottomanischen Generalkonsuls in Washington, Dr. Schönfeld. In dessen Begleitung fuhr er 1903 nach Konstantinopel, um die dortigen Handelskreise für die Weltausstellung in St. Louis zu interessieren. Er hatte aber mit seiner Mission wenig Erfolg. Als er nach Washington zurückgekehrt war, wurde er bei dem höchsten Gerichtshof in Washington als Rechtsanwalt zugelassen und assoziierte sich mit dem amerikanischem Rechtsanwalt Yenahan. Er wurde außerdem
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/10&oldid=- (Version vom 31.7.2018)