Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 1 (1910).djvu/96

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1

Abends kam jedoch Forbes etwas spät nach Hause. Er hatte seinen Urlaub wesentlich überschritten und wohl auch ein paar Glas Bier mehr getrunken, als sich für einen Geistlichen geziemte. Er soll stark nach Alkohol gerochen und den Eindruck eines Betrunkenen gemacht haben. Aus diesem Anlaß wurde er von dem Pförtner sehr unwirsch empfangen. Da er, wie die Brüder behaupteten, torkelte und sehr aufgeregt war, wurde er in eine Zelle gesperrt. In dieser hat er ein Fenster eingeschlagen. Die Brüder riefen deshalb den Kreisphysikus und Aachener Polizeiarzt Geh. Medizinalrat Dr. Kribben herbei. Dieser erklärte den Geistlichen für gemeingefährlich geisteskrank. Pastor Forbes wurde deshalb zu den tobsüchtigen Geisteskranken gesperrt und von diesen erst wieder abgesondert, als er sich beruhigt hatte.

Im Jahre 1893 wurde ein Vikar, namens Rheindorf, der an einem Magen- und Nervenleiden erkrankt war, auf Verfügung des Kardinals und Erzbischofs Dr. Krementz zu Köln in der Demeritenanstalt Marienthal bei Hamm a. d. Sieg aufgenommen. Der Zustand des Vikars besserte sich aber nicht, er bat deshalb nach Verlauf von drei Monaten, ihm zu gestatten, die Anstalt zu verlassen und einen eigenen Haushalt gründen zu dürfen. Erzbischof Dr. Krementz verfügte jedoch, daß Vikar Rheindorf sich in das Aachener Alexianerkloster „Mariaberg“ zu begeben habe. In dem betreffenden Schreiben des Erzbischofs hieß es: „Gehen Sie mit Zuversicht nach Mariaberg, dort werden Sie eine so vorzügliche Pflege und Aufwartung erhalten, wie sie Ihnen in dem kostspieligsten eigenen Haushalte nicht gewährt werden kann.“ Vikar Rheindorf will nun in dieser Anstalt sehr inhuman behandelt worden sein. Er schrieb trotzdem an den Erzbischof, daß es ihm in Mariaberg sehr gut gefalle, die Klosterbrüder ließen ihm die beste Behandlung zuteil werden, er bitte jedoch, behufs Regelung eines Rechtsverhältnisses, ihm einen Tag Urlaub zu gewähren. Der Erzbischof willfahrtete diesem Gesuche;

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/96&oldid=- (Version vom 27.3.2023)