Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 1 (1910).djvu/77

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1

Sohar und Sefer Halkutim nachgeforscht, aber auch nichts gefunden, was auf einen Ritualmord hindeutet. Ich kann es nur als durch und durch frivol bezeichnen, wenn man behauptet, die Juden brauchen zu rituellen Zwecken Christenblut. Ich füge hinzu, mit derselben Sicherheit, wie ich behaupten kann, im Talmud steht nichts vom Eisenbahnwesen, mit derselben Sicherheit kann ich behaupten, daß im Talmud nichts vom Ritualmord enthalten ist. Der verstorbene Professor Dr. Delitzsch in Leipzig, einer der größten Kenner des Talmud, hat die Blutbeschuldigung aufs bestimmteste widerlegt und sie auch als frivol bezeichnet. Professor Dr. Eisenmenger, der kein Judenfreund, aber ein sehr ehrlicher Charakter war, hat ebenfalls bekundet: er habe keine Stelle gefunden, die darauf hindeute, daß den Juden der Ritualmord vorgeschrieben sei. – Vert. R.-A. Gammersbach: Ist es nicht den Juden aufs strengste verboten, Blut zu genießen? Sachv.: Jawohl. – Vert.: Ist es nicht den Juden geboten, nicht einmal den Anschein zu erwecken, als ob sie Blut genießen würden? – Sachv.: Das ist richtig. – Vert.: In dem Prozeß Rohling wider Bloch wurde vom Professor Dr. Delitzsch ein Gutachten abgegeben. In diesem ist folgende Mitteilung enthalten: Ein spanischer Jude, wegen Ritualmordes angeklagt, bemerkte: „Uns Juden ist aufs strengste verboten, Tierblut zu genießen, nun sollen wir gar Menschenblut genießen. Wenn ein Jude sich während des Essens am Munde verwundet und ihm Blut auf ein Stückchen Eßware herabträufelt, so muß er das Blut abkratzen. Es ist allerdings keine Sünde, wenn er das Blut mitißt, denn es ist ja von ihm selbst, aber man soll auch nicht den Schein erwecken, als ob man Blut äße.“ Diesem Gutachten des Prof. Delitzsch ist eine ganze Reihe Universitäten und christliche Talmudgelehrte, wie Lagaarde, Dillmann, Strack und auch Kardinal-Fürstbischof Dr. Kopp in Breslau, beigetreten. Der katholische Professor an der Universität zu Innsbruck, Dr. Bickel, hat die Blutbeschuldigung der Juden ebenfalls

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/77&oldid=- (Version vom 31.7.2018)