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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1

zu Fährle gesandt. Fährle habe aber das Geschäft mit dem Bemerken abgelehnt, er wolle mit Lichtner nichts mehr zu tun haben. Vors.: Sagte Fährle etwa: Es komme ihm so vor, als sei Lichtner ein Falschspieler, der die Offiziere ausräubere? – Zeuge: Herr Vorsitzender, darüber spricht man in Spielerkreisen nicht. Einer weiß vom andern, was er in dieser Beziehung leisten kann, gesprochen wird aber darüber nicht. Es wurde in der Verhandlung außerdem festgestellt, daß vielfach in Eisenbahncoupés gespielt und dabei sehr beträchtliche Summen Offizieren „abgewonnen“ wurden. - In diesem Prozeß war Sachverständiger für Karten- und Roulettespiel Kriminalkommissar Freiherr v. Manteuffel und ein gewerbsmäßiger Spieler, Namens Hingst (Berlin). Der bekannte Spieler Konrad Reuter (Berlin) erschien unter vielen anderen als Zeuge. – Die Anklagebehörde wurde vertreten von Staatsanwalt Wilhelm und Gerichtsassessor Seel. Die Verteidigung führten Rechtsanwalt Dr. Kius (Hannover), Justizrat Dr. Seckels (Göttingen), Justizrat Lenzberg (Hannover), Rechtsanwalt Dr. Fritz Friedmann, Rechtsanwalt Dr. Alfred Gotthelf und Rechtsanwalt Elsbach (Berlin), Rechtsanwalt Ascher (Hannover) und Rechtsanwalt Dr. Oppenheimer (Hamburg). – Es dürfte auch von Interesse sein, einen Blick auf die Anklagebank zu werfen. Der Rittmeister der Landwehr-Kavallerie, Sproß einer alten Adelsfamilie, Freiherr v. Meyerinck war ein stattlicher, großer Mann. Einen großen hellgrauen Mantel um die Schulter gehängt, betrat er gewöhnlich die Anklagebank. – v. Meyerinck saß zwischen Fährle und dem „ollen ehrlichen Seemann“, er wechselte aber mit seinen Mitangeklagten kein Wort. Er grüßte höchstens die Berichterstatter, denen er die Bitte aussprach, mit Rücksicht auf seine Kinder ihn „glimpflich“ zu behandeln. Sein schön gepflegter dunkelblonder, am Kinn ausrasierter Vollbart war bereits etwas grau meliert. Auch sein dunkelblondes, elegant frisiertes Haupthaar war etwas gelichtet und schon zum Teil ergraut. Seine Verteidigung war

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/59&oldid=- (Version vom 1.8.2018)