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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1

das Nachspiel wird in Posen kommen, denn nach Schluß dieses Prozesses werde ich den Zivilprozeß in Posen aufnehmen. Richtig ist, daß einmal der Gräfin der Gedanke nahegelegt worden ist, zur Vermeidung des Eklats doch ins Ausland zu gehen. Es tut mir ja leid, daß es so weit gekommen ist, aber vor allen Dingen muß doch die Wahrheit an den Tag kommen.

Vors.: Sie, Herr Zeuge, befinden sich in glänzender Vermögenslage? Sie sind zu einem Einkommen von 150000 Mark veranlagt. Ihr Vater hat ein Vermögen von 1300000 Mark, sein Besitz beträgt 30000 Morgen? – Zeuge: Jawohl. Vors.: Wie groß ist Ihre eigene Familie? – Zeuge: Ich habe einen Sohn und drei Töchter. Ich würde natürlich stets dafür sorgen, daß die Gräfin, wenn sie aus der Herrschaft hinaus müßte, nicht auf die Straße gesetzt würde, aber die Frau Gräfin geht wohl aus Hochmut oder weil sie nicht auf die Gnade von Verwandten angewiesen sein will, ihre eigenen Wege. – Auf weiteres Befragen erklärte der Zeuge: Die Frau Gräfin hat einmal die Äußerung getan: „Wenn ich den Prozeß verliere, so schieße ich den Jungen und mich tot.“ So spricht doch keine Frau, die die wirkliche Mutter eines Kindes ist. Ebenso hat der Vater einmal geäußert: „Er sei der letzte Majoratsherr aus seiner Familie“, und als man ihn auf seinen Knaben hinwies, hat er gesagt: „Ach, ich wäre froh, wenn der Sohn nicht da wäre oder nicht lebte.“ Das ist doch auch bezeichnend genug.

Graf Hektor bemerkte ferner auf Befragen: Zu dem Thema „Bestechung“ ist so viel gelogen worden, daß es um aus der Haut zu fahren ist. Man hat gesagt, ich hätte der Ossowska 15000 Taler versprochen, einem andern soll ich 30000 Mark versprochen haben, man behauptet, ich hätte „Millionen“ ausgegeben (die ich überhaupt nicht habe). Man hat gefabelt, ich wollte nachts in Wroblewo den angeblichen Sohn stehlen, um ihn beiseite zu schaffen, der Untersuchungsrichter hat mir sogar einmal in scherzhafter Form mitgeteilt,

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/26&oldid=- (Version vom 1.8.2018)