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Rothe habe er nicht den geringsten Zweifel. Er habe einmal einen Apport in Gestalt eines Medaillons erhalten, das er aber nicht annehmen wollte. Er habe es auf den Tisch gelegt und „Friedchen“ gebeten, es wieder mitzunehmen. Friedchen habe aber gesagt: „Lieber Onkel laß das, ich kann es nicht wieder mitnehmen.“ Der Zeuge erzählte noch eine große Reihe von Vorkommnissen wunderbarster Art, die ihm die Überzeugung beigebracht haben, daß von Schwindel gar keine Rede sein könne. Frau Rothe sei das kräftigste, interessanteste und reinste Medium, das ihm vorgekommen sei. Vors.: Wie stellen Sie sich zu der Tatsache, daß in der Entlarvungssitzung Blumen im Unterrock der Frau Rothe gefunden wurden? Zeuge: Wenn die Anklage auf Schwindel und Betrug erhoben werden soll, dann muß dieser doch ganz klar bewiesen werden. – Vors.: Vor Ihnen liegen doch die der Angeklagten abgenommenen Sachen, die den Schwindel beweisen? Zeuge: Da muß doch erst festgestellt werden, wo sind sie im Unterrock gefunden worden, wer ist der Zeuge dafür, wer hat sie gesehen? – Der Zeuge bemerkte im weiteren: Er habe durch den Mund der Rothe einmal mit seinem verstorbenen Freund, dem Rostocker Professor Baumgarten, mit dem er in Mecklenburg zehn Jahre lang für die Glaubensfreiheit gekämpft, ein Gespräch gehabt. Baumgarten habe zu ihm gesagt: „Mein lieber Freund, ich freue mich, daß ich einmal durch ein schwaches Weib zu dir sprechen kann. Ich will dir nur sagen, was ich in meinen Memoiren über dich geschrieben habe, ist unrecht. Ich habe dir unrecht getan, als ich mein Bedauern aussprach, dich unter den Spiritisten zu sehen; ich sehe jetzt ein, daß du recht gehabt hast.“ Sachverst. Oberarzt Dr. Henneberg: Ist bei Ihrem Zusammensein mit Frau Rothe jemals zu ungelegener Zeit, auf der Straße, der Eisenbahn, der Straßenbahn oder dergleichen jemals der Trancezustand eingetreten? Zeuge: Nein. – Vors.: Herr Sachverständiger, schließt der Trancezustand die freie Willensbestimmung aus? Sachv.: Es kommt ganz darauf