Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1 | |
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Posen auf offenem Markte entbunden werden, sonst glaube man es nicht? Angekl.: Das waren nur Späße. Der Angeklagte, Graf Zbigniew Kwilecki bestritt, sich der Beihilfe zur Kindesunterschiebung schuldig gemacht zu haben. Der kleine Josef Stanislaus sei sein natürlicher Sohn, er sei stolz darauf. Vors.: Sie sollen zu einigen Leuten, die die große Schönheit des Kindes betonten, gesagt haben: Ich wünschte, der Junge wäre tot? Angekl.: Das ist eine krasse Unwahrheit. Vors.: Sie sollen eine schlechte Ehe geführt haben, zumal Sie mehrere Liebesverhältnisse hatten? Angekl.: Weshalb sollte ich nicht Liebesverhältnisse haben. (Große Heiterkeit im Zuhörerraum.) – Der Vorsitzende setzte darauf die Vernehmung der angeklagten Gräfin fort und hielt ihr vor, daß sie die im Jahre 1828 geborene Dienerin Aniela Andruszewska im Januar 1897 nach Krakau mit dem Auftrage gesandt habe, ihr einen neugeborenen Knaben mit schwarzen Augen und dunklem Haar zu besorgen. Die alte Frau, die 1900 gestorben sei, habe dies ihrer Tochter Hedwig auf dem Sterbebett erzählt und hinzugefügt, daß die Schwangerschaft der Gräfin eine Komödie gewesen sei. Der Vorsitzende hielt der Angeklagten ferner vor, daß der Droschkenkutscher sich gemeldet habe, der am 26. Januar 1897 zwei schwarz gekleidete, verschleierte Damen, die polnisch sprachen, von der Kaiserin-Augustastraße nach dem Schlesischen Bahnhof gefahren habe. Der Kutscher habe am Bahnhof lange Zeit warten müssen. Als die Damen aus dem Bahnhofsgebäude gekommen seien, hatte die eine unter ihrem Mantel einen großen Gegenstand. Er habe die Damen nach der Kaiserin-Augustastraße zurückgefahren und dafür 6 Mark und 1 Mark Trinkgeld erhalten. Die Angeklagte versicherte auf alle diese Fragen, daß sie richtig entbunden habe. – Die angeklagte Hebamme Ossowska bemerkte: Sie habe aus Anhänglichkeit zu der gräflichen Familie der Gräfin schriftlich bescheinigt, daß sie richtig geboren habe und dies auch auf dem Gericht in Posen beschworen. Sie habe aber falsch
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/23&oldid=- (Version vom 31.7.2018)