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sollte er einen doppelten Boden gehabt haben. Man braucht doch nur den Rock anzusehen um zu begreifen, daß es nicht möglich ist, so viele Blumen zu beherbergen. – Der nächste Zeuge, Kriminalkommissar v. Kracht bestätigte die Bekundung des Vorzeugen und bemerkte: Bei der ersten Sitzung, der ich beiwohnte, hörte ich Klopftöne, durch welche angeblich die Geister ihre Annäherung ankündigen. Alsdann fiel die Rothe anscheinend in Trance. Sie gab zunächst eine allgemeine religiöse Darstellung, sprach von der Nächstenliebe und sagte: Die Menschen müßten sich von menschlichen Dingen abwenden und ihren Sinn auf überirdische Dinge richten. Um mich möglichst unverdächtig zu machen, gab ich selbst ein wirklich wahres Erlebnis zum besten. Ich erzählte, daß ich als Primaner eines Sonntags zum Gottesdienst im Dom war. Da war mir der Gedanke gekommen, welchen Eindruck es wohl machen würde, wenn jemand plötzlich eine Granate in die andächtige Menge werfen würde. Unmittelbar darauf fiel ein Schuß; ein junger Mann hatte auf den Geistlichen, der die Liturgie leitete, geschossen. Jentsch versetzte: „Das ist eine Willensübertragung“. Alsdann hob sich ein paarmal der Tisch und Frau Rothe verfiel in Trance. Sie sagte plötzlich, sie sehe einen grünen Wald und darin einen alten Herrn mit graumeliertem Vollbart. Ich versetzte: mein verstorbener Vater hat einen graumelierten Vollbart getragen. Frau Rothe sagte weiter: Sie sehe etwas Blankes auf der Brust des Herrn, es scheinen drei Orden zu sein. Ich sagte: Mein Vater hat drei Ordensauszeichnungen besessen. Alsdann erschien plötzlich auf der rechten Seite der Rothe ein großer, schöner Tannenzweig, der eine ganz frische Bruchstelle hatte. Frau Rothe ging um den Tisch herum und sagte zu mir, indem sie mir den Zweig überreichte: „Ich danke dir, daß du dich in dieser feierlichen Stunde liebend mir genähert hast.“ Bald darauf holte sie Blumen anscheinend aus der Luft und sagte: Sie sehe die Figur eines Mannes, der sie segne. Kriminalkommissar von Kracht bekundete