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Jahren sei sie von Chemnitz nach Schöneberg bei Berlin übergesiedelt. – Vors.: Wie kamen Sie darauf, Ihre Sitzungen mit Gebet zu eröffnen? Angekl.: Das ganze Leben ist ja für mich ein Gebet. – Vors.: Woher hatten Sie die Gebete? Waren es freie Eingebungen oder hatten Sie sie auswendig gelernt? Angekl.: Wenn ich bete, bete ich so, wie es mir einkommt. Meistens habe ich etwas aus dem Gesangbuch vorgelesen. – Vors.: Wann hörte in den Sitzungen Ihr Bewußtsein auf? Angekl.: Sobald mir die Leute scharf ins Auge sahen, verfiel ich in den sogenannten Trancezustand. – Vors.: Wie erklären Sie sich das? Angekl.: Das kann ich mir gar nicht erklären. – Vors.: Sie kamen schließlich wieder zum Bewußtsein, was geschah dann? Angekl.: Ich habe alsdann gesprochen und bin darauf bald wieder in den Zustand der Bewußtlosigkeit verfallen. – Vors.: Bisweilen fanden im Anschluß an die Sitzungen auch gemeinschaftliche Essen statt? Angekl.: Ja, bisweilen, ich habe mir das aber schließlich verbeten. – Vors.: Sie sollen auch während des Essens bisweilen das Bewußtsein verloren haben? Angekl.: Das ist richtig. – Vors.: Im Trance sollen Sie Gespräche geführt haben. Durch Ihren Mund sollen die Geister Verstorbener gesprochen haben? Angekl.: Das ist mir gesagt worden, ich weiß es nicht. – Vors.: Sie sollen Paul Flemming und Zwingli haben sprechen lassen, ganz besonders aber ein Kind, namens Friedchen? Angekl.: Das wurde mir mitgeteilt – Vors.: Hatten Sie gar kein Bewußtsein, daß Sie mit Friedchen in Verbindung gestanden haben? Angekl.: Nein. – Vors.: Früher haben Sie angegeben, Sie hätten sich mit den Geistern Ihrer verstorbenen Kinder unterhalten? Angekl.: „Jawohl. Die Angeklagte beginnt zu weinen. – Vors.: Die erste Sitzung hat am 19. Oktober 1900 in Ihrer Wohnung in Schöneberg stattgefunden. Es sollen nur wenige Personen zugegen gewesen sein, die etwa insgesamt 130 Mark geopfert haben? Angekl.: Ich habe mich darum nicht gekümmert. – Vors.: Die Sitzungen wurden schließlich sehr zahlreich