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werden könnte. In diese Gesellschaft war auch ein junger Referendar, der jetzige Schriftsteller Dr. Hans Heinz Ewers eingeführt. Dieser praktizierte eines Abends seinem Nachbar die Blüte eines Tausendmarkscheins in die linke Rocktasche. Dies Manöver wurde entdeckt und der junge Referendar mit Beleidigungen überhäuft. Dr. Ewers forderte die Herren zum Zweikampf. Die Forderungen wurden sämtlich mit dem Bemerken abgelehnt: Dr. Ewers sei nicht satisfaktionsfähig, da er sein Ehrenwort gebrochen habe. Das Militär-Ehrengericht entschied jedoch, daß der Zweikampf stattfinden müsse. Die Mitglieder des militärischen Ehrengerichts wurden aus Anlaß ihrer Entscheidung beleidigt. Es kam infolgedessen Ende Oktober 1896 vor der Strafkammer in Düsseldorf zu einem ausgedehnten Strafprozeß wegen Beleidigung und Herausforderung zum Zweikampf. – Im Jahre 1901 wurde die Schöneberger und Berliner Polizei benachrichtigt: bei einer Frau Anna Rothe in Schöneberg werden spiritistische Sitzungen abgehalten, bei denen ein Eintrittsgeld von 2 und 3 Mark erhoben werde. Es würden in den Sitzungen Geistererscheinungen, Tischrücken, Blumenapporte und andere derartige Dinge in Szene gesetzt. Der Schöneberger Kriminalkommissar Leonhardt und der Berliner Kriminalkommissar v. Kracht verschafften sich mit der Polizeiagentin Fräulein Binswanger Zutritt zu den Sitzungen. Eines Abends, im Dezember 1901 gelang es den Kriminalkommissaren, das Medium zu entlarven und zur Haft zu bringen. Frau Rothe hatte sich im März 1903 vor der ersten Strafkammer des Landgerichts Berlin II wegen Betruges zu verantworten. Den Vorsitz des Gerichtshofes führte Geh. Justizrat Landgerichtsdirektor Gartz. Die öffentliche Anklage vertrat Staatsanwalt Friedheim. Die Verteidigung führten Rechtsanwalt Dr. Schwindt und Rechtsanwalt Dr. Willy Thiele. Die Verhandlung, die eine volle Woche die ganze Kulturwelt in Spannung hielt, lieferte den Beweis, daß die Zahl der gläubigen Spiritisten eine sehr