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Allein angesichts der Ungeheuerlichkeit der Tat kann von mildernden Umständen keine Rede sein. Auch die Trunkenheit des Marten kann nicht mildernd in Betracht kommen. Die Angeklagten sind außerdem wegen Meuterei zu bestrafen. In idealer Konkurrenz mit § 212 des bürgerlichen Strafgesetzbuches steht § 97 des Militärstrafgesetzbuchs, der Zuchthausstrafe bis zu 15 Jahren androht, wenn ein Soldat einen Vorgesetzten vorsätzlich mit der Waffe verletzt, so daß der Tod eintritt. Schon im Interesse der Disziplin ist eine schwere Strafe geboten. Ich beantrage gegen Marten, der bereits mit einem Jahr Gefängnis wegen Fahnenflucht bestraft ist, eine Zusatzstrafe von 12 Jahren 6 Monaten Zuchthaus, außerdem Ausstoßung aus dem Heere, Degradation, Versetzung in die 2. Soldatenklasse und 3 Jahre Ehrverlust. Der Umstand, daß Marten bereits zur Degradation verurteilt worden ist, kann hier nicht in Betracht kommen. Das Gesetz schreibt eben bei diesem Verbrechen die Degradation vor. Ich beantrage, den Angeklagten Hickel zu verurteilen wegen Beihilfe zum Totschlag zu 5 Jahren Zuchthaus, Ausstoßung aus dem Heere, Degradation, Versetzung in die 2. Klasse des Soldatenstandes und 3 Jahre Ehrverlust. – Verteidiger Rechtsanwalt Burchard (Insterburg) führte aus: Meine Herren, ich stimme dem Herrn Vertreter der Anklage bei, daß dieser Prozeß weit über die Grenzen Deutschlands das größte Aufsehen erregt hat. Viel wichtiger als dieses Interesse ist aber das Interesse, das der hohe Gerichtshof der Sache zuwendet. Ich erinnere daran, welche furchtbare Aufregung die Ermordung des Rittmeisters überall, ganz besonders aber in der 4. Schwadron hervorgerufen hat. Die Schwadron mußte sofort mehrere Tage lang antreten, und es wurde gesagt, die Tat ist ein Schandfleck für die 4. Schwadron, jeder einzelne hat die Pflicht, nach Kräften dazu beizutragen, daß der Täter sobald als möglich ermittelt wird. Es ist daher kein Wunder, wenn allerlei Vermutungen auftauchten und alle möglichen Gespräche geführt