ist die Flucht des Marten in Erwägung zu ziehen. Ich bin der Meinung, Marten ist nicht freiwillig zurückgekehrt. Er konnte in Uniform unmöglich über die Grenze kommen, Zivilkleider bekam er aber nicht. Ich behaupte, Marten kam nach Gumbinnen zurück, um von seinen Eltern Zivilkleider zu erhalten und vielleicht in anderer Weise zu flüchten. Ich behaupte also, Marten hat, nachdem die Dragoner Bartuleit und Weber vorüber waren, den Karabiner genommen, hat ihn unter seinen Mantel gesteckt, ist an die Bandentür gegangen und hat den Rittmeister erschossen. Es ist aber nicht möglich, daß er die Tat allein ausgeführt hat, er mußte notwendigerweise jemanden zur Deckung haben, denn er mußte sich sagen, es kann jeden Augenblick jemand kommen, so daß er, sobald er schoß, ergriffen werden konnte. Ich behaupte, dieser zweite Mann, der die Deckung gab, war Hickel. Dafür spricht einmal der Umstand, daß Hickel der Schwager Martens und der Schwiegersohn des alten Wachtmeisters Marten war. Ich gebe zu, daß Marten und Hickel sich vielleicht nicht besonders gut gestanden haben, aber alle Umstände sprechen doch dafür, daß die Feindschaft keine große war. Wir haben z. B. erfahren, daß, als beide von der Regimentskammer kamen, sie gemeinschaftlich in die elterliche Wohnung Kaffee trinken gingen. Daß zwei Leute an dem Morde beteiligt waren, dafür spricht die Wahrnehmung des Zeugen Skopeck, daß er zwei Leute mit steifen Mützen an der Bandentür stehen sah. Daß Hickel dieser zweite Mann war, dafür spricht der Umstand, daß der Dragoner Baranowski einen Unteroffizier mit schwarzem Schnurrbart gesehen hat. Es gab aber in der ganzen Schwadron nur drei Unteroffiziere mit schwarzen Schnurrbärten. Zwei waren zur Zeit des Mordes im Dienst, sie konnten daher unmöglich die Tat begangen haben. Hickel konnte aber über die Zeit seines Aufenthaltes keinen glaubwürdigen Nachweis führen. Er sagte, er sei in den Stall gegangen, um das Anzünden der Lampen zu besorgen. Abgesehen davon, daß Hickel sich
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/201&oldid=- (Version vom 31.7.2018)