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er komme ihm unheimlich vor, er wollte ihn am liebsten möglichst weit los werden. – Verhandlungsführer: Ihr Herr Gemahl hat doch aber den Marten frühzeitig zum Unteroffizier befördert und ihn nach Berlin auf die Telegraphenschule geschickt? – Zeugin: Das hat mein Mann höchstwahrscheinlich getan, um den Menschen los zu werden. – Verteidiger R.-A. Burchard: Ich bin dieser Aussage gegenüber ja machtlos, ich erlaube mir aber die Frau Zeugin zu fragen: Haben Sie das, was Sie über Marten bekundet haben, von Ihrem Herrn Gemahl gehört oder ist das Ihre Ansicht? Zeugin: Das ist meine Ansicht. – Verteidiger: Ich muß bemerken, daß die Zeugin bei jeder Vernehmung mehr weiß, ich beantrage daher, ihre früheren Aussagen zu verlesen. – Vertreter der Anklage: Ich schließe mich diesem Antrage an, da daraus hervorgehen wird, daß die Zeugin ganz konsequent in ihren Aussagen geblieben ist. – Zeugin: Wenn ich heute vielleicht etwas präziser war, dann ist das daraus zu erklären, daß ich in der ersten Zeit über den Verlust meines Mannes naturgemäß sehr aufgeregt und es mir auch peinlich war, vor einem Kriegsgericht als Zeugin zu erscheinen. – Der Gerichtshof beschloß, die früheren Aussagen zur Verlesung zu bringen. – Alsdann stellte der Verteidiger R.-A. Horn an die Zeugin die Frage, ob nicht auch schon in Stendal auf ihre Wohnung geschossen worden sei. Die Zeugin bestritt das mit voller Entschiedenheit. – Verteidiger: Sind nicht sogleich nach der Versetzung Ihres Mannes nach Stallupönen anonyme Briefe gekommen, also zu einer Zeit, in der Ihr Herr Gemahl in Stallupönen noch gar nicht bekannt war? Zeugin: Es sind allerdings in der ersten Zeit nach Stallupönen einige anonyme Briefe aus Stendal an meinen Mann gekommen. Diese kamen höchstwahrscheinlich von sozialdemokratischer Seite, da die Sozialdemokraten meinen Mann haßten. Diese Briefe hörten aber im Juli 1897 auf. Die späteren anonymen Briefe begannen im April 1898, hatten also mit den ersten nicht den geringsten