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Zeuge, der die Unbrauchbarkeit der Gewehre der Zintgraffschen Expedition bekunden sollte, geladen worden wäre. Er sei, wie er bekenne, rücksichtsloser Antisemit, und habe das, was er als wahr festgestellt hatte, zuerst in antisemitischem Interesse verwerten wollen. Dann sei ihm die ungeheure Tragweite klar geworden, er sei nach Leipzig gereist und habe in den letzten acht Tagen alle Schritte getan, um ein Zurückhalten der Broschüre noch zu ermöglichen. Also: verfaßt habe er das Buch ursprünglich zu antisemitischen Zwecken, habe nachher aber die nötigen Schritte getan, um ein amtliches Einschreiten zu veranlassen. Er habe das Vertrauen der Soldaten zu den Gewehren nicht erschüttern, sondern bewirken wollen, daß unbrauchbare Gewehre aus der Armee ausgestoßen würden. Er habe geglaubt, sich dadurch um das Vaterland verdient zu machen. – Nach 51/2stündiger Beratung erkannte der Gerichtshof wegen dreier Beleidigungen auf fünf Monate Gefängnis. Der Vorsitzende bemerkte in der Urteilsbegründung: Die Brauchbarkeit der Löweschen Gewehre sei durch die vorgekommenen Unregelmäßigkeiten keineswegs beeinträchtigt worden; die Auskunft der Militärbehörden stelle vielmehr die glänzendsten Ergebnisse fest. Der Angeklagte habe offenbar die ganze Sache nicht verstanden. Schuldig befunden sei der Angeklagte der Beleidigung der Leiter der Fabrik sowie der Büchsenmacher wegen der Anschuldigung: 1500 Gewehre seien widerrechtlich gestempelt, ferner mehrfacher schwer kränkender Beleidigungen gegen die Privatkläger sowie schwerer Beleidigung des Büchsenmachers Kirch. Da kein Beweis erbracht, daß Ahlwardt die Unwahrheit der Behauptungen gekannt habe, sei gegen ihn der mildernde Paragraph angewendet worden. Eine Wahrnehmung berechtigter Interessen liege nicht vor. Löwe und Kühn haben ihr bestes daran gesetzt, dem Staat gute Gewehre zu liefern.