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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1

Mit dem geraubten Gelde bezahlte er für sich und seine neuen Freunde die Zeche. Als die jungen Leute bei dieser Gelegenheit merkten, daß der junge Mann im Besitz vielen Geldes sei, wußten sie ihn zu überreden, mit ihnen ein öffentliches Haus aufzusuchen. Der junge Mann sträubte sich wohl mit dem Bemerken: er empfinde für intimen weiblichen Verkehr keinerlei Neigung, schließlich ließ er sich aber doch überreden. Er sagte sich: dadurch kommst du vielleicht, wenigstens für kurze Zeit, auf andere Gedanken. Allein auch in den Armen der weiblichen Halbwelt, in den Räumen die von Sekt, Musik, Liebe und fröhlichster Heiterkeit durchrauscht werden, fand der jugendliche Mörder keine Beruhigung. Der gespaltene Schädel und das verzerrte Gesicht des von ihm erschlagenen Opfers grinsten ihm unaufhörlich entgegen. Er eilte sehr bald nach Hause. Ruhe und Schlaf schienen aber für immer von ihm gewichen zu sein. Am Dienstag, den 13. November war er, von Müdigkeit übermannt, endlich gegen 6 Uhr morgens eingeschlafen. Noch war es finster auf den Straßen. Da pochte es heftig an seine Tür. Der alte Altonaer Polizeiinspektor Engel mit drei Schutzleuten traten ins Zimmer. Sie weckten den jungen Mann, nötigten ihn, sofort das Bett zu verlassen und sich anzukleiden. Alsdann befestigten sie ihm mit einer eisernen Kette die Hände auf den Rücken und führten ihn zur Polizeiwache. Der junge Mann gestand nach anfänglichem Leugnen, den Raubmord im Eisenbahncoupé begangen zu haben. Er gab an: Er heiße Thomas Rücker. Er sei am 28. Dezember 1888 zu Hermentitz in Böhmen geboren und katholischer Religion. Sein Vater sei Baumeister und ein wohlhabender Mann. Dieser wohne jetzt in Reichenberg in Böhmen. Auch seine Mutter lebe noch. Er habe nur noch einen jüngeren Bruder, der das Gymnasium in Reichenberg besuche. Auch er habe in Reichenberg das Gymnasium bis zur Obersekunda besucht. Er sollte Theologie studieren. Das Lernen sei ihm aber schwer gefallen. Er sei deshalb

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/12&oldid=- (Version vom 31.7.2018)