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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10

Angeklagte: Ich weiß wohl, daß alles gegen mich spricht, ich kann mir doch aber nicht helfen. – Vors.: Es ist jedenfalls auffällig, daß sowohl Sie als auch Reimann am 7. März Briefe geschrieben haben, aus denen absolut nicht auf einen Selbstmord zu schließen war. Sie haben an Dr. St. einen Brief geschrieben, der am Morgen nach der Tat eingetroffen ist. Der Brief beginnt mit den Worten: „Mein lieber, lieber Leo! Ich gehe jetzt den Schlüssel holen und hoffe, die häßliche Sache endlich aus der Welt zu schaffen, wenn ich nicht morgen abend bei Dir bin, dann weißt Du ja meine Adresse.“ Sie äußerten nicht, daß Sie Selbstmordgedanken hatten? – Angekl.: Ich wollte dies dem Dr. St. nicht mitteilen. Der Brief ist in einer Art Galgenhumor geschrieber worden. – Vors.: Reimann hatte Ihnen am 7. März folgendes geschrieben: „Na, Kleines, wie geht’s, hat Dir Dein Doktorchen verziehen? Das wäre doch nett von ihm, oder willst Du Dich noch totschießen? Geh’ nur wieder hin zu ihm, das verdunkelte Licht an seinem Fenster wird es ja verraten, wie weit Du wieder mit ihm bist. Ich weiß ja doch, Du kannst ihn nicht lassen. Aber was ich bis jetzt getan habe, ist ja eine Kleinigkeit, es kommt noch viel schlimmer.“ – Vors.: Was hat Sie eigentlich veranlaßt, nachdem Reimann Sie um ½8 Uhr nach dem Tiergarten be- stellt hatte, ihm schleunigst zu schreiben, er solle erst um 10 Uhr kommen? – Angekl.: Reimann hatte mir zwei Tage vorher auf der Straße einen Auftritt gemacht, ich fürchtete, daß er dies wieder tun werde. Ich weiß, daß auch dies gegen mich spricht. Wenn ich auch vielleicht nicht sehr klug bin, so dumm wäre ich doch nicht gewesen, wenn ich Reimann hätte erschießen wollen, von vornherein alle Verdachtsmomente zu beseitigen. – Vors.: Das sollen Sie auch getan haben. Sie sollen den Brief, in dem Sie Reimann zu dem verhängnisvollen nächtlichen Rendezvous bestellten, zurückgefordert und zerrissen haben? – Angekl. (sehr erregt): Das ist nicht wahr! Es ist gesagt worden, ich hätte den

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 10. Hermann Barsdorf, Berlin 1914, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_10_(1914).djvu/234&oldid=- (Version vom 19.2.2023)