eines gutmüthigen, braven und ehrlichen Mannes ausgestellt worden. Sie sind außerdem selbst Zeuge gewesen, wie der Angeklagte beim Anblick seines zerstörten Besitzthums in Thränen ausbrach und wie er in der unbefangensten Weise jede Auskunft gab. So übel es ihm auch ergangen ist, er hatte kein Wort des Hasses oder des Zornes, weil er weiß, daß er unschuldig ist und weil er Gottvertrauen hat. Als ich ihm sagte, daß nun die öffentliche Verhandlung stattfinden werde da sagte er mir: Gott sei Dank, da wird meine Unschuld zu Tage treten. Sie, die Richter der Thatfrage, sind nun berufen, über das Schicksal Buschhoff’s zu entscheiden. Ich spreche im Einverständniß mit den Herren Vertretern der Staatsanwaltschaft und dem meiner Herren Kollegen, wenn ich sage: Ihr Wahrspruch kann nur lauten: Auf Ehre und Gewissen bezeuge ich vor Gott und den Menschen, der Angeklagte Buschhoff ist unschuldig.
Der Angeklagte Buschhoff, der, soweit es ihm seine Schwerhörigkeit ermöglicht, mit gespanntester Aufmerksamkeit den Plaidoyers folgt – er hält unaufhörlich seine Hand hinter dem Ohr – bricht oftmals in Thränen aus.
Präs.: Angeklagter Buschhoff, haben Sie noch etwas zu Ihrer Vertheidigung anzuführen? – Buschhoff: Nein, Herr Präsident.
Ein zum Himmel schreiendes, schweres Verbrechen, so bemerkt der Präsident bei der hierauf folgenden Rechtsbelehrung, ist Ihrer Beurtheilung unterbreitet. Das Gesetz verbietet mir, in eine Würdigung der Beweismittel einzutreten. Ich glaube auch, die Verhandlung in einer Weise geleitet zu haben, daß Niemand errathen kann, ob ich für Freisprechung oder für Verurtheilung des Angeklagten bin. Ich will jedoch bemerken, daß das Gericht bei dieser Verhandlung ein von allen anderen Verhandlungen abweichendes Verfahren beobachtet hat. Während sonst, sobald die öffentliche Verhandlung begonnen, neue Beweise nicht mehr zugelassen werden, sind wir, mit Rücksicht auf die große Tragweite und die Wichtigkeit des Falles, auf alle uns im Laufe der Verhandlung angebotenen Beweise eingegangen. Alle diese Beweise haben sich als eitel Dunst erwiesen. Die anonymen Briefschreiber werden vielleicht ihre Freude daran haben, daß es ihnen gelungen ist, den Gerichtshof derartig hinter’s Licht zu führen. Ich gönne ihnen diese Freude. Wir haben die Genugthuung, daß wir in dem Prozeß, der in der ganzen Welt das größte Aufsehen erregt, nichts versäumt haben, daß wir weder
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/146&oldid=- (Version vom 31.7.2018)