Oberstaatsanwalt: Liegt die Synagoge in Xanten in der Nähe der Buschhoff’schen Wohnung? – Zeuge: Nein, die Synagoge liegt von der Buschhoff’schen Wohnung ziemlich weit entfernt.
Oberstaatsanwalt: Buschhoff, Sie haben uns gesagt, Sie hatten am Freitag vor dem Morde dem Wesendrup gekündigt und den Steinmetz Kock dafür engagirt? – Buschhoff: Jawohl. – Oberstaatsanwalt: Wie kam es nun, daß Sie am Tage nach dem Morde den Wesendrup trotzdem bei sich arbeiten ließen? – Buschhoff: Ich bin am Dienstag frühzeitig vom Hause fortgegangen und erst Mittags nach Hause gekommen. Als ich bei meiner Nachhausekunft hörte, daß Wesendrup im Schlachthause arbeitete, habe ich sofort meiner Frau Vorwürfe gemacht, daß sie ihn hineingelassen habe. – Oberstaatsanwalt: Sie hätten doch zu Wesendrup sagen können: Machen Sie, daß Sie aus meiner Werkstatt hinauskommen! – Buschhoff: Wesendrup war an diesem Tage betrunken, und in solchem Zustande ist er sehr jähzornig. Ich hatte zu befürchten, daß, wenn ich ihm die Thür gewiesen, er das Eisen so gelegt hätte, daß der Stein kaput gegangen wäre, ich hätte ihm alsdann nicht einmal die Absichtlichkeit nachweisen können. – Oberstaatsanwalt: Sie haben bisher bestritten, dem Postbeamten Hader am Mittage des Peter-Paulstages begegnet zu sein. Hader erinnert sich aber ganz bestimmt, daß er Ihnen am Peter-Paulstage Mittags auf dem Marktplatz begegnet sei und auch mit Ihnen gesprochen habe. – Buschhoff: Ich erinnere mich jetzt nicht, daß dies am Peter-Paulstage war, ich war bisher der Meinung, daß es Sonntag gewesen sei. – Oberstaatsanwalt: Am Peter-Paulstage Vormittags soll ein feingekleideter Jude bei Ihnen gewesen sein? – Buschhoff: Das ist mir nicht erinnerlich. – Oberstaatsanwalt: Wissen Sie genau, wann Fellemann, genannt Matje Degen, bei Ihnen gewesen ist? – Buschhoff: Matje Degen ist am Sonntag vor dem Morde bei mir gewesen. – Oberstaatsanwalt: Hat der Mann eine Tasche bei sich gehabt? – Buschhoff: Das ist möglich.
Erster Staatsanwalt Baumgard: In verschiedenen Zeitungen wird bemerkt, daß der ermordete Knabe wohl erst betäubt und alsdann geschlachtet worden sei. Ich bemerke ausdrücklich, daß an dem Ermordeten außer der großen Verwundung am Halse nur noch eine kleine Verwundung
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/113&oldid=- (Version vom 31.7.2018)