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Sigmund Freud: Eine Teufelsneurose im Siebzehnten Jahrhundert. In: Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften, 9. Bd., H. 1, S. 1-34

sind uns böse, verworfene Wünsche, Abkömmlinge abgewiesener, verdrängter Triebregungen. Wir lehnen bloß die Projektion in die äußere Welt ab, welche das Mittelalter mit diesen seelischen Wesen vornahm; wir lassen sie im Innenleben der Kranken, wo sie hausen, entstanden sein.


I. DIE GESCHICHTE DES MALERS CHRISTOPH HAITZMANN

Einen Einblick in eine solche dämonologische Neurose des siebzehnten Jahrhunderts verdanke ich dem freundlichen Interesse des Herrn Hofrats Dr. R. Payer-Thurn, Direktor der ehemals k. k. Fideikommißbibliothek in Wien. Payer-Thurn hatte in der Bibliothek ein aus dem Gnadenort Mariazell stammendes Manuskript aufgefunden, in dem über eine wunderbare Erlösung von einem Teufelspakt durch die Gnade der heiligen Maria ausführlich berichtet wird. Sein Interesse wurde durch die Beziehung dieses Inhalts zur Faustsage geweckt und wird ihn zu einer eingehenden Darstellung und Bearbeitung des Stoffes veranlassen. Da er aber fand, daß die Person, deren Erlösung beschrieben wird, an Krampfanfällen und Visionen litt, wandte er sich an mich um eine ärztliche Begutachtung des Falles. Wir sind übereingekommen, unsere Arbeiten unabhängig voneinander und gesondert zu veröffentlichen. Ich statte ihm für seine Anregung, wie für mancherlei Hilfeleistung beim Studium des Manuskripts meinen Dank ab.

Diese dämonologische Krankengeschichte bringt wirklich einen wertvollen Fund, der ohne viel Deutung klar zutage liegt, wie manche Fundstelle als gediegenes Metall liefert, was anderwärts mühsam aus dem Erz geschmolzen werden muß.

Das Manuskript, von dem mir eine genaue Abschrift vorliegt, zerlegt sich uns in zwei Stücke von ganz verschiedener Natur: in den lateinisch abgefaßten Bericht des mönchischen Schreibers oder Kompilators und in ein deutsch geschriebenes Tagebuchbruchstück des Patienten. Der erste Teil enthält den Vorbericht und die eigentliche Wunderheilung; der zweite Teil kann für die geistlichen Herren nicht von Bedeutung gewesen sein; umso wertvoller ist er für uns. Er trägt

Empfohlene Zitierweise:
Sigmund Freud: Eine Teufelsneurose im Siebzehnten Jahrhundert. In: Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften, 9. Bd., H. 1, S. 1-34. Internationaler Psychoanalytischer Verlag, Leipzig und Wien 1923, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freud_Imago_9-1.djvu/2&oldid=- (Version vom 31.7.2018)