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geben und umgekehrt. Die Nonnen und Beghinen wird er verheiraten, die Mönche zur Ehe veranlassen. Unmündigen, Waisen und Witwen wird er alles, was ihnen geraubt ist, wieder verschaffen und allermänniglichen sein volles Recht zuteilwerden lassen. Die Geistlichen wird er so heftig verfolgen, daß sie ihre Tonsuren, wenn sie sonst keine Kopfbedeckung haben, lieber mit Kuhmist verdecken werden, um nur nicht die Tonsur zu zeigen. Die Klostergeistlichen, welche durch ihre Denunziationen den Papst zu seiner Verfolgung angeregt und ihn vom Reiche vertrieben haben, vorzüglich die Minderbrüder, wird er aus dem Lande verjagen. Er wird nach der Wiederaufrichtung seines Reiches, das er gerechter und ruhmvoller denn je regieren wird, mit seinem zahlreichen Heer übers Meer fahren und auf dem Ölberg oder bei dem dürren Baum dem Reiche entsagen.“

Abb. 85. Grabmal der Kaiserin Konstanze. Palermo, Kathedrale. Aufnahme Alinari, Florenz

Während hier der Mythus von Kaiser Friedrich II. wieder völlig von dem Gestrüpp der Bängnisse der letzten Dinge überwuchert wird, zieht ziemlich gleichzeitig Kaiser Friedrich als zukünftiger Erneuerer der alten Kaiserlichkeit in den Kyffhäuser ein. Es geschah das nicht ohne starke Einwirkungen mythologischer Erinnerungen an das Seelenreich Wotans im Berge, aber gewiß auch nicht, wie die merkwürdige Übereinstimmung des Zuges vom verirrten Diener dartut, ohne wesentliche Anregung durch die sicherlich von Nachzüglern der ritterlichen Dichtung oder vom Volke festgehaltene Erinnerung an die Ätnasage. Am thüringischen Hofe des Enkels Friedrichs, jenes Friedrich des Freidigen, der selbst als der Zukunftskaiser angesehen wurde, dürfte man wohl Kunde gehabt haben von dem fernen Singen und Sagen von dem gewaltigen sizilischen Ahnherrn. In dieser