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in seinem „Parzival“, der sich als Vertreter der irrenden und strebenden Erdenkinder zur Erkenntnis der reinen Menschlichkeit durchringt. Als wesentliche Züge dieses Menschentums kann kurz vor Wolfram die freie Persönlichkeit Walters von der Vogelweide: Mâze: ritterliche Bildung und sittliche Zucht, sowie Stäte: männliche Festigkeit, Ehrenhaftigkeit gegen sich selbst und andere aufrufen. Das aber ist im wesentlichen die virtus, das Lebensideal des Römers. Ja, diese römische virtus strahlte aus von dem kraftvoll sich regenden, erdnahen und erdumfassenden Reichsgedanken der Staufer. Die Freude an der wieder in die Erscheinung getretenen Größe und Tatengewalt des Imperium Roms, die Erkenntnis des Allgemeinmenschlichen, die nun einmal in der Vorstellung von der Weltherrschaft beschlossen liegt, werden seit der hohen Zeit Barbarossas mit der Kaiseridee selbst zu einer geistigen Macht. Diese gibt den Werken der Kunst das naturhaft Wesentliche, die freie Ungebundenheit, die heitere Ruhe und dabei die innere Geschlossenheit. Weil die Deutschen, deren innerer Zusammenhang damals immer noch ein lockerer war, nur zusammengehalten wurden durch den weiten Gedanken des Kaisertums, weil sie der Erhabenheit ihres Imperators froh sich bald hier, bald dort gern Römer nannten, weil sie, selber imperialistisch geworden, das Recht des Weltstaates sich anzueignen begannen, konnte der deutsche Geist in dieser rasch vergehenden weltgeschichtlichen Gnadenstunde sich selbst finden. Es war eine Wiedergeburt der deutschen Lebensenergie im Verjüngungsbade der römischen virtus, nicht aber war es eine Wiedergeburt der Antike. Diese wurde erst eingeleitet, als der zweite Friedrich den römischen Imperialismus im Lande seines Ursprungs zum Ausdruck eines nationalitalienischen Wollens zu machen strebte.

Abb. 53–55. Goldmünzen. Links und rechts von Friedrich II. (sog. Augustalen), Mitte von Karl von Anjou. Berlin, Münzkabinett
Abb. 56–60. Bildnisse Friedrichs II. auf Münzen und Gemmen nach Huillard-Bréholles Hist. Diplom. Frid. II.
Abb. 61. Idealkopf Friedrichs II., gezeichnet nach der Raumerschen Gemme (s. Abb. 58)

Dante, der dem Strom des geschichtlichen Beharrens mit der ungeheueren Schöpferkraft des Genies die neue Richtung gab, der ein so feines Gefühl hatte für die geschichtlichen Kräfte, die das Neuwerden der Welt vorbereiteten, hat einige Jahrzehnte nach dem Ableben Friedrichs diesen als König Trinakriens gefeiert: „Weil aber die Erlauchten Heroen, Kaiser Friedrich und Manfred, sein wohlgeratener Sohn, Adel und Rechtheit ihrer Form offenbarten und, solange