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Ausschauen nach dem erdenfernen Ziel macht der Erkenntnis des Rechtes der Gegenwart und der Freude an dieser Platz. Die Kreuzfahrer, denen sich des Orients Pracht, des Orients in vielem überragende Kultur auftat, entdeckten die Größe, die Schönheit, die Wunder der Welt. Und plötzlich mitten hineinversetzt in das Fremde und Sonderbare kamen sie sich selbst sehr bedeutend vor. Das Gefühl, daß auch ihre Zeit Großes und Neues leisten könne, berauschte sie. Der Kreuzzüge große Mißerfolge wandelten dann die fromme Begeisterung, mit der ausgezogen wurde, in Mißtrauen gegen die kirchliche Leitung und gegen die Kirche selbst. Das Jenseitige verblaßte. Die Wunder der Umwelt lockten um so mehr. Der Sarazenen hohe Kultur lehrte die Kreuzfahrer, daß es auch außerhalb der geistlichen Republik eine menschenwürdige Tugend und Sittlichkeit gebe. Damit gesellte sich zu der gesteigerten Lebensenergie der ins Heilige Land Gezogenen der große Gedanke der Menschheit. Zunächst freilich wurde das neue Empfinden noch überwuchert von einer überreichen und zügellosen Phantastik. In abenteuerlichen Reiseberichten und in ausschweifenden Erzählungen offenbart sich die Erregung der Beobachter. Diese Erregung teilen sie, heimgekommen, weiteren Kreisen des Abendlandes mit und erzeugen dort so eine Kreuzzugromantik. Die mußte dann sogleich den ohnehin sich austobenden Hang der Ritter zum Phantastischen, Abenteuerlichen, Bizarren, Wirren, Bunten noch steigern, zugleich aber auch den Unterton der Sehnsucht nach dem Fremden, Unbekannten – dem Grale – verstärken, der leise in den barocken literarischen Äußerungen des erwachten freieren ritterlichen Lebensgefühls mitklingt.

Abb. 52. Malerei aus Cod. lat. 17405 der Staatsbibliothek in München
Verfaßt 1241. Oben Glockenspiel, rechts ein Mann mit Astrolabium,
links ein Mann mit einem Fernrohr, einen Stern beobachtend
Aufnahme Quellenforschungen Feldhaus, Berlin

Diese Romantik: Sehnsucht nach der Ferne, Mißklang zwischen Stoff und Behandlung, Vorbild und Nachahmung klärt sich dann unter Barbarossa „zu einer kurzdauernden Harmonie in edler schöner Menschlichkeit – eine Art Klassik so gut wie die Antike“ – ab. So etwas wie idealer Humanismus spricht jetzt zu uns aus den Werken der Kunst der nunmehr anhebenden, aber mit der Kaiseridee jäh wieder versinkenden deutschen Schönheitskultur. Hinreißende Plastiken in Bamberg und Magdeburg geben das schöne und ritterlich adlige Menschenideal des damaligen Germanien wieder. Ein Wolfram von Eschenbach, dessen Denken weltweit geworden war, zeigt diesen neuen Menschentyp