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VII. Der „Verwandler der Welt“

Abb. 50. Aus dem Matutinalbuch des Mönches Konrad von Scheyern 1240 Cod. lat. Monac. 14401. Aufnahme A. Reusch, München

„Verwandler der Welt“ wurde Friedrich II. von Zeitgenossen genannt, nicht deshalb, weil sie erkannten, daß seine Titanenfäuste das Werk von Jahrhunderten, den mitelalterlichen Staat und die mittelalterliche Gesellschaft, mit bewußter Berechnung untergruben, reif zum Zusammenbruche machten, und schon die ersten mächtigen Quadern zum Ideenbau des neuen staatlichen und geistigen Lebensgefühls herbeitrugen, sondern weil sein Schöpfergeist als solcher gesehen werden wollte. Daß er in Staat und Kirche ein Umgestalter wirklich war, das wußten nur er und vielleicht seine nächste Umgebung. Zwar die Kurie erkannte mit Grauen, daß dieser sizilische Staatsgedanke des Staufers mit seinem naturrechtlichen Lebensprinzip wie zehrendes, zerstörendes Feuer an dem von kirchlichem Geiste erfüllten morschen Gebälk des mittelalterlichen feudalen Staates emporlodern konnte. Zwar erbebte das verweltlichte Papsttum, als es ihm dämmerte, daß das Wort „Reformation“, vom Kaiser drohend in die Welt geschrien, von tausend Lippen wiederholt, alsbald mit dem Dröhnen der Posaune des Weltgerichts die Grundvesten der Kirche erschüttern würde. Kaum einer an der damaligen Kurie aber wird daran gezweifelt haben, daß diese doppelköpfige Hydra mit dem geistlichen Schwert zur größeren Glorie des kirchlichen Weltherrschaftsgedankens vernichtet werden würde.

Diese Staatsauffassung und diese kirchliche Forderung kennzeichnen den Staufer wirklich in den Augen der Nachgeborenen als Verwandler der Welt. Die umgestaltenden Kräfte des Riesen erschöpften sich aber nicht in diesem Prinzip und in diesem Angriff; sie wirkten sich auch aus auf dem Gebiete der Wissenschaft und der Kunst. Was er hier schaffte, das konnten auch die erleuchteten Köpfe seiner Zeit, die zahlreicher als zuvor in der Umgebung des Kaisers auftauchten, und die er zu wecken schien, als etwas tatsächlich Neues erkennen. Friedrich selber aber war auch