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das Fortleben der Seele nach dem Tode nicht glaubte. In der Tat! Friedrichs ganzes Denken und Handeln war frei von jedweder Bezugnahme auf das Überirdische. Ob auch von der Antike aus seine Stellungnahme zum christlichen Glauben beeinflußt wurde?

Durch Cicero kannte seine Zeit die Lehre des Epikur. Wie man diese auffaßte, das zeigt das Urteil des späteren Chronisten Giovanni Villani über Friedrichs Sohn Manfred: „Sein Leben war epikureisch, indem er nicht an Gott, noch an die Heiligen und überhaupt nur an leibliches Vergnügen glaubte.“ Eine solche Lehre konnte sich unschwer mit der des vielgelesenen Averroës vereinigen. Wenn Dante später trotz seiner großen Verehrung für unseren Staufer diesen in seiner Hölle in die Feuersärge der epikureischen Jenseitsverächter zwingt – ebenso wie zwei andere Persönlichkeiten, die im Leben des Kaisers eine Rolle spielten: den Kardinal Ottaviano degli Ubaldini und Farinata, welche auch die Unsterblichkeit der Seele als Epikureer geleugnet haben sollten –, so dürfen wir annehmen, daß der große Florentiner hier ein Urteil wiedergibt, das unter den Zeitgenossen des Kaisers allgemeinere Geltung hatte.

Das beständige Leben Friedrichs in der orientalischen und der antiken Gedankenwelt hatte zur Folge, daß diese in all ihren Äußerungen, auch den religiösen, als die besseren erschienen. Die Gestalten der Heiligen wurden von den Tatenmenschen um den Kaiser verdrängt. Sie sollen Kraftnaturen von geschichtlicher Größe Platz machen. Die Probleme der metaphysischen Geheimnisse treten zurück hinter die auf den entfesselten Geist einströmenden Probleme der Natur. Ein Kraftgefühl, das keine Grenzen anerkennt, eine überspannte geistige Selbstherrlichkeit äußern sich in einer maßlosen Verachtung alles Kirchlichen. Der Staufer, der ohnehin den ätzenden Witz liebte, legte seinem Spott über das, was dem meisten seiner Zeitgenossen noch heilig war, im Kreise seiner Freunde und Beamten, die er formte nach seinem Geiste, die sich alle gaben, wie er sich gab, keine Zügel an. Die erhabensten Dogmen der Kirche wurden von ihm in den Staub gezogen. Die freilich von seinen erbitterten Gegnern überlieferten blasphemischen Äußerungen wird er auch getan haben. Sie tragen das Gepräge seiner Denkungsart und entsprechen in ihrer Form seinem Wesen. So verhöhnte er einmal das Altarsakrament beim Anblick eines Kornfeldes mit den Worten: „Wieviel Götter reifen hier!“ Ein andermal verspottete er die unbefleckte Empfängnis der Gottesmutter, weil sie den Gesetzen der Natur widerspräche.

Des Unglaubens Zwillingsbruder ist der Aberglaube. Averroës, der Wortführer der Astrologie, wird Friedrich in diese Wissenschaft eingeführt haben; er wird ihn den Glauben an das unabwendbare Schicksal gelehrt haben, das in den Sternen geschrieben ist und durch sie mit Naturnotwendigkeit bewirkt wird. Von hier aus war der Weg nicht mehr weit zu der Erkenntnis, daß das Eingreifen einer göttlichen Macht in dieses durch die Bewegungen der Himmelskörper festgelegte Schicksal ausgeschlossen sei. Etwas Großartiges haftet auch dieser Auffassung an. Die Welt erscheint als ein von innerer Notwendigkeit beherrschtes Ganzes, als eine einige große Einheit, in die Friedrich mit seiner Lehre von der in den Dingen ruhenden Notwendigkeit auch die Menschen einführt. Die naturgewollte Einheit dieser wird durch das schicksalsmäßige Walten des Kaisers erzwungen, verkörpert und erhalten. Allzeit begleiteten den Kaiser auf seinen Zügen Astrologen. Freilich auch diesen gegenüber regte sich nur zu oft, wie uns berichtet wird, seine Skepsis. Manchmal sicherlich waren diese Sterndeuter in seiner Umgebung nichts anderes als das Mittel, sich bei der blöden Masse den Anschein übermenschlicher Fähigkeiten und Kräfte zu geben. Es scheint, daß auch noch andere okkulte Wissenschaften zeitweilig den Sinn des Kaisers gefangennahmen. Die Parmeser nämlich erzählten, daß sich unter der