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Kaiser einmal rufen: „Vielfältig und mit vielen Mitteln … neigte zu des weltersehnten Friedens Süße die kaiserliche Milde ihren Sinn: aber so dringend sie nach ihm suchte und auf der Demut Pfaden ihm folgte, so ehrerbietig sie ihn rief, ja geradezu unvorsichtig forderte – des römischen Priesters Heftigkeit, den wir für des Friedens Anführer hielten, führte ihn … auf des Irrtums Abweg, und den er feurig hätte umarmen sollen, trieb er schmählich, o Schande, davon!“

Mit dem Gedanken des Friedens griff der Kaiser nach dem Konzil von Lyon den mit diesem wahlverwandten anderen der Reform der Kirche auf. Schon lange war dieser in den Massen lebendig. An die Könige von Europa richtete der Staufer sein Reformmanifest: „Immer war es unseres Willens Absicht, die Kleriker jeglichen Ranges – und am meisten die höchsten – dahin zu führen, daß sie, wie sie in der Urkirche gewesen sind, als solche auch am Ende verharrten: das apostolische Leben führend, die meisterliche Demut nachahmend. Einen solchen Geistlichen pflegen die Engel zu schauen; er schimmert von Wunden, heilt Kranke, erweckt Tote, macht sich durch Heiligkeit, nicht durch Waffengewalt Könige und Fürsten dienstbar. Dagegen diese, der Welt ergeben, von Genuß trunken, setzen Gott hintan. Ihnen wird durch den Zustrom von Schätzen die Frommheit erstickt. Solchen also die schädlichen Schätze entziehen, mit denen sie sich fluchwürdig beladen: das ist das Werk der Liebe!“ Wenn nicht das sarkastische Lächeln dessen, der diese Worte schrieb, oder schreiben ließ, den Zauber bräche, so würden die Gestalten Joachims von Fiore und Franz’ von Assisi sich im Hintergrunde dieses Bildes der reformierten Kirche erheben. Namentlich in den Kreisen der Bettelmönche hat dieser Ruf nach Reform gezündet. In einer Flugschrift aus deren Kreise erscheint der Papst als der antichristliche Widersacher der Reform, der Kaiser aber als deren glorreicher Förderer.

Papst und Kaiser bekämpften sich in ihren Manifesten mit geistigen Waffen. Der Streit selber aber, der so viele Jahre in Italien tobte, drehte sich um den Bestand der durch die Vereinigung der Würde des römisch-deutschen Kaisers mit der Macht des sizilischen Königs gefährdeten, weltlichen Herrschaft des Papstes auf der Halbinsel. Die mit irdischen Mitteln kämpfenden Tatmenschen: Innocenz III., Gregor IX., Innocenz IV., lassen in ihrem ganzen, durchaus erdnahen Gebaren erkennen, daß sie die weltlichen Ziele der päpstlichen Macht endgültig verwirklichen wollen. Erklärt aber das Begehren nach diesem Siegespreis genügend den abgrundtiefen Haß gegen Friedrich, den diese Päpste nicht nur in ihren Manifesten, sondern auch in der manchmal skrupellosen Wahl ihrer Mittel und in der rücksichtslosen Anwendung dieser erkennen lassen? Hat die Hartnäckigkeit und die Wildheit dieses päpstlichen Machtwillens nicht vielleicht auch andere Gründe?

Der Zeitgenosse Friedrichs, Salimbene, trug in seine Chronik das Urteil über Friedrich ein: „Wäre er gut katholisch gewesen, hätte er Gott und die Kirche geliebt, wenige in der Welt wären ihm gleichgekommen. Er aber glaubte, die Seele gehe mit dem Körper zu Grunde. Und was er selbst und seine Gelehrten nur irgend derart in der Heiligen Schrift auffinden konnten, das führten sie zum Beweise an, daß es ein Jenseitsleben nicht gebe. Deshalb genoß er und genossen die Seinen um so mehr das Diesseits dafür.“ Der Chronist, der ersichtlich ein Gefühl für die Größe der Persönlichkeit Friedrichs hat, deutet hier auf die tiefsten Wurzeln des Ringens zwischen dem Titanen und seinen gewaltigen Gegenspielern.

Friedrich selbst lebte und webte tatsächlich nur im Diesseits. Sein Staatsgedanke, der sich in Sizilien die Form geschaffen hatte, ist aufgebaut auf der in den Dingen liegenden Naturnotwendigkeit. Für eine göttliche Vorsehung, die durch jene Fortuna Caesarea verdrängt ward, ist in diesem Staat kein Raum.