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des Guten „bindet er die Zonen und verknüpft er die Elemente.“ Ein Chronist ruft aus: „Dieser Kaiser, der Welt wahrer Herrscher, dessen Ruhm sich über den ganzen Erdrund ausdehnt, war des Glaubens, er könne seine Natur der der Himmlischen angleichen.“ Anziehend ist die Beobachtung, daß in dieser Verherrlichung des „Imperium ohne Ende“ sich einmal auch der Gedanke der europäischen Kulturwelt, der griechischen Ökumene, vernehmen läßt, die der Barbarei des Ostens gegenübergestellt wird. Matthäus Paris schreibt nämlich: „Die Tataren sollen sich nicht länger rühmen, da vor den siegreichen Adlern des übermächtigen Europa Satan selbst sie in den Tod stürzen wird!“

Zu diesem ins Übermenschliche gesteigerten Bilde von der Größe des kaiserlichen Dominium mundi wollen nun die tatsächlichen Verhältnisse im Abendlande gar nicht stimmen. Das Selbstbewußtsein der Könige Europas war mächtig erstarkt. Bereits war auch das einigende geistige Band des kirchlichen Gedankens durch sie gelockert. Schon stellten sie sich abseits des gottesstaatlichen Ideals der allgemeinen christlichen Republik. Die ehemalige Führerstellung des Kaisers wurde durch das unaufhaltsame Fortschreiten der inneren Zersetzung Deutschlands – hier in fürstliche, dort in kommunale Sonderbildungen – unaufhaltsam von Tag zu Tag mehr ein eitel Trugbild. Friedrich hat trotzdem diese Führerstellung nach wie vor behauptet. Manchmal wird er in seinen Schreiben an die Fürsten hochfahrend und sarkastisch. Als der französische König Ludwig IX. sich bei dem Kaiser beschwert hatte wegen der Gefangennahme einiger französischer Prälaten, antwortete ihm dieser, „dass die dem Imperium innewohnende Kraft über den einzelnen Menschen dahingehe und daß vor eines Löwen Spuren jegliches Getier sich fürchte.“ Kein Zweifel: solch große Töne standen in einem kläglichen Gegensatz zu den wirklichen Machtverhältnissen des Kaisers. Und dennoch! Die Kaiseridee, welche den deutschen König mit Allgewalt über die Alpen zog, welche das deutsche Volk immer wieder begeisterte und diesem zeitweilig das Hochgefühl eines gemeinsamen, mächtigen Volkstums gab, machte, gedrängt von ihrem weltenweiten, allgemeinmenschlichen Gehalt, unter Friedrich den Versuch, in der Flucht der staatlichen Erscheinungen der ruhende Pol nicht nur zu heißen, sondern auch zu sein. Dereinst hatte der König der vier Weltgegenden, der Herrscher in Babel, den dem Gotte entliehenen Mantel getragen, der das unendliche Gewölbe des Himmels versinnbildete. Später borgte sich das gleiche kosmische Gewand der römische Imperator vom kapitolinischen Juppiter. Bis über die staufischen Zeiten hinaus hat diesen Weltenmantel dann auch dieser und jener deutsch-römische Kaiser getragen. Aber auch der geistliche Cäsar in Rom verschmähte zeitweilig nicht das Kleid der heidnischen Götter. Sonne, Mond und Sterne oder andere weltbedeutende Zeichen waren darein gewoben zum Gleichnis dafür, daß die Idee der Weltherrschaft aus kosmischen Vorstellungen geboren und von allgemein menschlichen und daher allen gemeinsamen Ideen genährt wurde. Von seinem Patrimonium aus herrschte der Papst in seinem Seelenstaate, dem aus dem Reiche des Religiösen immer wieder neue Lebenskräfte zuströmten. Von seinem sizilischen Königreich aus nahm nunmehr auch Friedrich seinen Bezug auf die Welt, der ebenso im Geistigen wurzelte. Er versuchte, die Einheit der abendländischen Kultur zu erhalten und mit Hilfe der Fürsten sein Ziel, durch Frieden und Gerechtigkeit die Harmonie des Kosmos herzustellen, zu erreichen. Die Kaiseridee beginnt damit sich in eine weltbürgerliche geistige Größe zu wandeln.

Ein wirkliches europäisches Großreich – noch dazu mit ausgedehnteren universalen Strebungen – war seit den Tagen Ottos I. eine Unmöglichkeit geworden. Damals begannen die Nationen, sich als selbständige Staatspersönlichkeiten zu fühlen. Diese nicht mehr rückgängig zu machende Gliederung des Abendlandes verkannten noch Friedrichs nächste Vorfahren. Er selbst aber, der allzeit mit der Wirklichkeit Rechnende, sieht ein, daß er die europäische Vielheit