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geschützt wird.“ In majestätisch klingendem Latein finden wir diesen Satz in Friedrichs II. Gesetzessammlung von Melfi.

Fortuna war aus der „zwar wankelmütigen, aber doch im Ganzen menschenfreundlichen Wunschgöttin“ der antiken Welt im Mittelalter als „Dienerin und Schaffnerin des göttlichen Willens, als Werkzeug der göttlichen Vorsehung,“ zu einem Dämon der Lebensverneinung geworden. Als dann das Mittelalter von der Epoche der Wiedergeburt der Antike abgelöst wurde, begann Fortuna sich wiederum – aber nur ganz allmählich – in ein glückverheißendes Symbol zu verwandeln. Völlig im Sinne des modernen Lebensgefühles aufgefaßt erscheint dieser Begriff aber erst in einer Schrift des Giovanni Pontano. Um so bemerkenswerter ist es, daß schon zwei Jahrhunderte vor diesem Humanisten Kaiser Friedrich II., der Gigant des Geistes, der Wegbereiter des Neuen Lebens, alles Überirdische von der Auffassung der Glücksgöttin ablöste und in seinem Begriff „Fortuna Caesarea“ leidenschaftlich diese irdische Welt bejahte, indem er die schreckhafte Dämonin des Mittelalters zur Spenderin des Weltfriedens in dem von dem einen Kaiser beherrschten Erdkreise machte. Friedrichs Begriff der Fortuna des Kaisers kennzeichnet die an die Antike angelehnte Seite seines Caesarentums.

Die wankelmütige Fortuna des Mittelalters ist unserem Staufer nicht ganz fremd; aber seiner kaiserlichen Fortuna haftet nichts mehr von dem müden, weltflüchtigen Vorsehungsglauben an. Diese leitet den Begnadeten, Starken, Weisen. Durch ihr Walten bejaht sie die bange Frage des dreizehnten Jahrhunderts nach der Möglichkeit eines irdischen Glücks. Indem die schon erwähnten Begriffe des Joachim von Fiore: Renaissance und Reformation – d. i. Zurückführung in einen früheren idealen Zustand – durch Friedrichs politische Tat in Beziehung gesetzt wurden zu der nationalen Vergangenheit Roms und Italiens, wurde jene Verbindung und Durchdringung sozial-religiöser und antik-nationaler weltlicher Gedanken vorbereitet, die erst nach Jahrzehnten in Dantes hohem Geiste zum weltgeschichtlichen Erleben werden sollte. Friedrichs Fortuna offenbart die Abkehr von der diesseitsflüchtigen geistigen Einstellung zum Glauben an ein Glück hier auf Erden, zum Ideale der nationalen Wiedergeburt der sittlichen und ästhetischen Größe Roms und Italiens. So oft Friedrich seine Fortuna erwähnt, immer verkörpert sie sein unbesiegbares Selbstvertrauen; sie ist allzeit nicht die launische Glücksgöttin, sondern das vom Kaiser gemeisterte Weltenschicksal.

Schon im späteren Hellas wandelte sich die Tyche, die Göttin des Zufalls, zur Ananke oder Heimarmene, zum „unveränderlich und unerbittlich von Ewigkeit her feststehenden Schicksal“, zum Weltgesetz, zur Weltnotwendigkeit. Diese Ananke, die Friedrichs Staatsauffassung und Politik bestimmte, steht im Mittelpunkte seines kosmischen Denkens. Seine Fortuna wird zur Weltordnung, die in ihm, der da die Einheit, das Glück und den Frieden der Welt darstellt, persönlich geworden ist. Heißt es doch in der Ladung zum Hoftage von Piacenza vom Jahre 1236 vom Kaisertum, daß das Heil der Welt von dessen Gedeihen abhänge. Da die Notwendigkeit, die in der Natur herrscht, da die Fortuna der Welt der Harmonie des ganzen Kosmos zustrebt, so kann die Fortuna Caesarea als Weltnotwendigkeit nur das schließlich trotz aller Gegenwirkung das irdische Glück heraufführende, schicksalsmäßige Walten des römischen Cäsar sein.

Des römischen Kaisers! Friedrich bringt des Begriff der Fortuna Caesarea ja in eine enge Beziehung zu Rom und zum römischen Imperium. „In Roms Nähe“, ruft er einmal aus, „jauchzt mir die Caesarea-Fortuna glückbringender zu als anderswo!“ Der neue Caesar will die alte Königin am Tiber „im Stand des alten Adels“ erneuern. Er will sein, was Augustus den römischen Sängern war: der Soter, der Kaiser-Heiland, der Bringer der Gerechtigkeit und des Friedens des apollinischen Zeitalters.