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vierte Ekloge verklärt, ist die Harmonie des durch Rom geeinten und durch Rom beherrschten Kosmos:

Abb. 32. Monreale. Kapitell im Kreuzgang des Domes

Die Form des Wortsinnes „Gerechtigkeit“ wurde schon von der Philosophenschule der Stoa in einer solchen Weise geweitet, daß sie später unschwer den Inhalt, den das Mittelalter ihm gab, aufnehmen konnte. Diese Gerechtigkeit ist für Cicero die „spezifisch soziale Verwirklichung des metaphysischen Sittengesetzes.“ Friedrich hat die beiden von ihm so oft gebrauchten Worte im antiken Sinn gefaßt. Die Gerechtigkeit ist das Gesetz schlechthin, ist der Nomos, die Weltordnung der griechischen Philosophenschule der Stoa. Unser Staufer nennt sich, dem Beispiel des byzantinischen Kaisers Justinian folgend: „das beseelte Gesetz auf Erden.“ Und dieses „beseelte Gesetz“ ist im Sinne der griechischen Philosophie unbedingt die Weltordnung. Von hier aus erklärt sich das Wort des Kaisers: „Es muß der Cäsar sein der Justitia Vater und Sohn, Herr und Knecht.“ Vater und Herr der Justitia ist der Kaiser, weil die Gesetze, „die sein Schoß gebiert“, die natürliche Ordnung der Welt herstellen; Sohn und Diener der Gerechtigkeit ist er, weil die Weltordnung, die in ihm Fleisch und Blut angenommen hat, doch über ihm steht. Weltordnung und Weltvernunft später häufiger einander gleichsetzend sagt er ja – wiederum an Justinian anknüpfend, aber ihm gleichzeitig entgegentretend –: „Ob auch unsere Erhabenheit von jenen Gesetzen gelöst ist, so ist sie dennoch nicht erhaben über den Spruch der Vernunft, der Mutter des Rechts.“ Nicht nur die Weltordnung, sondern auch deren Träger, der Kaiser, ist nach einer solchen Auffassung eine Weltnotwendigkeit. „Mehr denn je,“ ruft Friedrich einmal aus, „lebt der ganze Erdkreis durch den Geist des Kaisertums, so daß er erschlafft, wenn dieses schlaff wird, und Freude hat, wenn es gedeiht!“ Von der Gerechtigkeit als der in den Dingen ruhenden Notwendigkeit redet Friedrich wiederholt. Nun heißt es in der Einleitung zu seiner Gesetzessammlung, daß die Fürsten „durch den Zwang der Notwendigkeit“ und, wie schamhaft hinzugefügt wird, „nicht minder durch die göttliche Voraussicht“ eingesetzt seien. Daß wir hier unter der Notwendigkeit die Weltordnung zu verstehen haben, das beweist das Wort des in den Gedankengängen des Vaters lebenden Manfred, daß nach „des Weltalls allgebietender Notwendigkeit“ die Herrschaft über Rom „dem Sohne des größten Cäsar“ zustehe.

Diese Lehre ist der Staatslehre des Aristoteles oder vielleicht besser den Ausführungen der arabischen Aristoteliker entnommen. Aristoteles verlegte das wahre Wesen der Dinge in diese selbst und nicht in eine überirdische Welt. Von dieser Grundauffassung aus wird der Staat ein natürliches und notwendiges Produkt der menschlichen Natur. Sein Ziel und sein Zweck dienen nur diesseitigen Bedürfnissen: dem glückseligen Leben der Bürger, das in dem tätigen Schaffen und –