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scheinen, täglich neuen Rat erfinde, der die Tüchtigen reich an Lohn und die Lasterhaften unter dem steten Hammerschlag der Strafen mürbe mache.“

Aus der Erkenntnis heraus, daß Sizilien einen Tyrannen gebrauche, aus der folgerichtigen Durchdenkung seines großartigen staatlichen Organisationsplanes mußte sich für Friedrich die Notwendigkeit herausstellen, alle ständischen Fesseln des mittelalterlichen Lehnstaates von sich zu werfen und seinen unbedingten Willen durchzusetzen, der absolute Herrscher zu sein, in dem die Beamtenhierarchie, wie sie nach seinen Bestimmungen sein sollte, allein gipfeln konnte. Die Theorie des Absolutismus lehrte ihn das römische Recht, die Praxis der unumschränkten Herrschaft lernte er auf seiner Kreuzfahrt in den Araberstaaten kennen. Nach diesem Vorbild, fußend im Rechte Roms, schuf er sich seinen aufgeklärten Despotismus.

Dem Kaiser ist die ganze Beamtenschaft unterstellt. Der Jurist und nicht mehr der Kleriker, wie im mittelalterlichen Staat, herrscht in diesem vor. Mit Bewußtsein stellte Friedrich seinen „Orden der Justitia“ oder „Orden der Offizialen“, wie er sich ausdrückte, dem Klerus gegenüber. Er war überzeugt, daß die grundsätzliche, praktisch tatsächlich in die Erscheinung tretende Gegnerschaft dieser beiden ihm ein besserer Helfer sein werde, als es die pergamentenen Streitschriften und Pamphlete dem vierten Heinrich in dessen Kampf mit der Kurie waren. Wie im alten Rom und wie noch in der zeitgenössischen Kirche gliederte sich diese Hierarchie der Beamten von oben nach unten, vom Kaiser, dem Großhofjustitiar und den anderen oberen Würdenträgern angefangen bis hinab zu dem Heer der unteren Beamten. Modern mutet an, daß Friedrich – diesen Begriff überspannend – von den niederen Angestellten unbedingte Unterordnung unter die höheren verlangte, daß er all diesen Helfern seines staatlichen Wollens, die er über die Privatleute stellte, das Gefühl der Standesehre einzupflanzen strebte, daß er endlich – wiederum die Bewegungsfreiheit des einzelnen allzusehr beschränkend – Vorbeugungsmaßnahmen gegen schlechte Amtsführung traf, welch letztere bei der mäßigen Entlohnung und bei Angehörigen eines Volkes, das so lange der Zucht entwöhnt war, nicht ausbleiben konnte. Der für eine einheitliche Staatsverwaltung viel zu unbeholfene und dazu noch durch Sonderbestrebungen gehemmte mittelalterliche Feudalismus als Organ der Staatsverwaltung war damit in Sizilien tatsächlich beseitigt, wenn auch Überbleibsel davon – wie die Hoftage der Vasallen – hier und da noch ein Scheindasein führten.

Der Stufenbau dieser Verwaltung war genial erdacht. Die abendländische Welt stand einer ganz neuen Erscheinung gegenüber. Mit verständnislosem Staunen betrachteten diese die an den Lehnstaat seit Jahrhunderten gewöhnten Geister, mit hellsichtigem Haß aber die der despotischen Zentralgewalt widerstrebenden, sonst freilich grundsätzlich ähnlichen Staatsmaximen huldigenden oberitalienischen Städte. Der Papst endlich sah mit ahnungsvollem Grauen an den Grenzen seines Staates dieses rein weltliche, von einheitlichem Willen, einheitlicher Kraft und einheitlichem Zielstreben erfüllte Gebilde aufsteigen.

Die Lebensäußerungen dieser Beamtenhierarchie waren neu, in die Zukunft weisend. Hier war keine kirchliche Mystik, sondern nur der in das Innerste des staatlichen Seins eindringende Verstand tätig. Der Umfang der kaiserlichen Fürsorge schien alles und jedes in sich einbezogen zu haben. Fragen der Volkswirtschaft und Volksgesundheit werden von Friedrich ebenso berücksichtigt wie Fragen der Volkserziehung. Fragen der Handelspolitik ziehen den Kaiser nicht weniger an als Fragen der Landesmelioration. Im Gerichtswesen besserte er die Prozeßordnung. Namentlich brach er mit dem mittelalterlichen Grundsatz: wo kein Kläger ist, ist kein Richter, indem er für Kapitalverbrechen eine Untersuchung von Staatswegen anordnete. Die Folter wird auf ganz wenige Fälle beschränkt und von den Gottesurteilen, die er abschafft, sagt er: „Diese Gottesurteile, die man Wahrheit enthüllende nennt, sollten besser Wahrheit verhüllende