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die Legitimität und diesem die Möglichkeit zur Wiedergeburt aus dem italienischen Geiste gaben. Sein großer Gnadenbrief an die geistlichen Fürsten, zu dem sich zwölf Jahre später ein anderer an alle Fürsten reihte, bot die Grundlage zu der unseligen, der Auffassung Friedrichs vom Staate grundsätzlich widersprechenden aristokratischen Verfassung des deutschen Reiches. Nicht, daß nun wirklich diese Verfassung hier rechtlich festgelegt worden wäre; es wurde den Fürsten nur eine große Zahl von Einzelrechten verliehen, welche zusammengenommen unbedingt den festen Zusammenschluß der fürstlichen Gewalt und die raschere Ausbildung der fürstlichen Landeshoheit zur Folge haben mußten. Taucht doch hier zum ersten Male der Begriff des „Landesherrn“ auf, der dann bald im deutschen öffentlichen Recht Aufnahme fand. Damit war Deutschlands Zersplitterung und Zerfall urkundlich besiegelt. Und dies zu einer Zeit, in der der erste große Kapetinger Philipp II. August seinen festen Staatsbau errichtete und sich das beste Heer des Abendlandes schuf, in der der englische Adel nach der Niederlage bei Bouvines sich vom Königtum die erste abendländische Verfassung, die Magna charta, erkämpfte und damit den Grund zu der englischen Machtstellung legte. Und das fast zu der gleichen Zeit, in der der Papst Innocenz mit dem Gefühl aus dem Leben schied, die weiten Ziele Gregors VII. erreicht zu haben. Er konnte über den deutschen Thron verfügen; Frankreich hatte für ihn das Schwert geführt; die Könige Englands, Aragoniens und Portugals nahmen ihr Land von ihm als Lehen. Nie sah das Papsttum glänzendere Tage als bei dem großen vierten Konzil im Lateran.

Das ehemalige Kernland des römisch-deutschen Imperium erschien dem nüchternen Realpolitiker Friedrich II. nimmer als der Träger wohl aber als der brauchbare Diener der römischen Kaiseridee. Deutschland wurde für ihn zum Nebenland, das er dem Erzbischof Engelbert von Köln zur Verwaltung im Namen seines unmündigen Sohnes überließ. Dieser Kirchenfürst war nicht ohne Verständnis für die inneren Nöte Deutschlands und für die Notwendigkeit, in der Vielheit die Einheit zu pflegen. Indes, hätte selbst der starke Arm des großen Karl sich daran gemacht, dem vielköpfigen Ungeheuer der deutschen Kleinstaaterei die Köpfe abzuschlagen – es wären sofort neue gewachsen. Das hatte der Staufer erkannt. Als er bald Deutschland wieder verließ, da ging seine ganze Sorge bezüglich dieses Landes dahin, daß dort jenes innere Gleichgewicht der miteinander hadernden Gewalten selbst mit schweren Opfern der Zentralgewalt gewahrt würde, das notwendig war, um deutsche Machtmittel in den Dienst seiner italienischen Politik stellen zu können. Damit begann das Zeitalter der deutschen Schwäche. In der großen europäischen Geschichte, deren tragischer Held jetzt der Staufer wird, hat Deutschland nur eine ganz nebensächliche Bedeutung.

Die geringschätzige Auffassung der innerstaatlichen Zustände Deutschlands hat nicht wenig dazu beigetragen, daß der Italiener Friedrich seiner von Haus aus lateinischen Kaiseridee festere Formen gab. Er will herrschen wie ein alter römischer Augustus. Um das zu können, mußte hinter ihm eine wirkliche Macht stehen. In Deutschland war es für die Errichtung einer starken königlichen Zentralgewalt zu spät; in Reichsitalien konnte die wirkliche Hoheit der Krone nur im Kampfe mit dem Papst, dem die an diesen verlorenen Gebiete nur gewaltsam entrissen werden konnten, und im Kampfe mit den Kommunen, die freiwillig ihre errungene Stadtfreiheit niemals aufgaben, errichtet werden. Nur in Sizilien, wo die Normannenkönige den Boden vorbereitet hatten, war in den mittelalterlichen Lehnstaat für einen wirklich regierenden König schon eine Bresche geschlagen. Es galt hier, nur wiederherzustellen oder auszubauen, was der große Ahn Roger II. geschaffen hatte. So wanderte das Kaisertum Karls, Ottos, des Rotbart in die sonnige südliche Welt. Im Lande der Ruinen der Antike, der Basiliken der Byzantiner, der Moscheen der Araber, der trotzigen Türme