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aber zu der Jenseitsschilderung kommt, da stellt er an „das klaffende Höllentor anstatt der lärmenden und wilden Teufel die Harpyien, die Chimären, die Zentauren und daneben die ganze bleiche Schaar der vergilianischen Personifikationen“. Besonders die zahlreichen ketzerischen Bewegungen in den Städten fangen an, ihren kirchlichen Freiheitsgedanken eine antik-heidnische Begründung zu geben und die Verkündigung ihrer Lehre mit antiken mythischen Zieraten zu schmücken. Ein erster früher Strahl der Renaissance, der durch das noch wild durcheinander gejagte Gewölk am Himmel dieser leidenschaftlich bewegten Zeit bricht! Noch freilich ist der leuchtende Morgen fern. Politische, soziale und wirtschaftliche Forderungen und Leidenschaften hemmen noch den Persönlichkeitsdrang bei seinem Aufstieg zur Höhe der inneren Freiheit, der schöpferischen Kraft. Das geistige Leben Italiens im wesentlichen noch sich selbst im Stadtstaat genügend (wie im alten Hellas) gärt noch. Anzeichen einer wundervollen Klärung zeigen sich aber.


III. Der Tatenmensch

„Jesi, die adlige Stadt der Mark, unseres Ursprungs erlauchter Beginn, wo unsere göttliche Mutter uns zum Lichte gebracht, wo unsere Wiege geschimmert hat, umfangen wir mit innerster Neigung. Möge aus unserem Gedächtnis nicht entschwinden seine Stätte und unser Bethlehem, des Caesars Land und Ursprung, in unserer Brust zutiefst verwurzelt bleiben. So bist Du, Bethlehem, Stadt der Marken, nicht die kleinste unter unseres Geschlechtes Fürsten, denn aus Dir ist der Herzog kommen, des Römischen Reiches Fürst, der über Dein Volk herrsche und es schirme und nicht gestatte, daß es fürder fremden Händen gehorcht.“ So erhebt Friedrich II. im Jahre 1239 in einem Sendschreiben, das er an seine Geburtsstadt Jesi unfern Ancona richtet, sich und seine Mutter weit hinaus über alles Menschliche.

Und doch! Am Tage vor seiner Geburt wurde schon der tragische Knoten seines Schicksals geschürzt: sein Vater, Heinrich VI., zog damals als Sieger in Palermo ein und nahm Besitz von dem normannischen Erbe seiner Gemahlin Konstanze. Die unnatürliche Verbindung des ganz anders gearteten Siziliens mit dem Reiche, die Verlegung des Schwerpunkts des mittelalterlichen Imperium nach dem fernen Süden, die einer deutschen auswärtigen Politik widerstreitende, auf das östliche und südliche Mittelmeergebiet hinstrebende Richtung des Machtbegehrens eines sizilischen Königs, die Umklammerung des Papstes im Süden und Norden der Halbinsel, die diesen zwang, wollte er nicht endgültig seiner auf die Beherrschung des Erdrunds gerichteten Absichten entsagen, sich mit allen Mitteln seine Bewegungsfreiheit wieder zu verschaffen, haben zwangsläufig das gewaltige Drama vom Untergange des letzten staufischen Kaisers und der mittelalterlichen Kaiserherrlichkeit bedingt und dessen Helden gezwungen, das wirklich zu sein, wozu er durch seine vom Vater und von der Mutter ererbten Anlagen von Geburt an bestimmt war: ein Tatenmensch! –

Friedrich II., das Kind einer normannischen Mutter und eines deutschen Vaters, gehörte keinem Volkstum ganz an. Er selbst wollte sein und bleiben „das Kind von Pulle“, „der Knabe aus Apulien“. Er fühlte sich als Sohn des Südens, und war es auch. Wohl erbte er vom liebeleeren Vater, dem finsteren Heinrich VI., den Hunger nach Macht. Auch des Vaters geniale Art, selbständig kombinierend politische Gedanken mit Zähigkeit in Taten zu wandeln, ging auf den Sohn über, nicht minder auch dessen hohe Auffassung des Herrscherberufes. Weit stärker aber waren für die Gestaltung seiner geistigen Persönlichkeit wirksam die von seinen normannischen Ahnherren überkommenen Anlagen. Es ist erstaunlich, wie sehr dieser Staufer dem großen Roger II. gleicht. Von diesem König, dem Staatengründer und Gesetzgeber, dem Naturforscher und