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wird die schon von der Glut ergriffene Matrone Roma durch einen Engel errettet. Aus dem brennenden Hause hinaus ins Freie! Das war schon lange vor dem Tribunen Roms die Losung vieler Bürgerschaften namentlich in Oberitalien. Hinaus in die weite, sonnige Welt, um dort nach Maßen, welche die eigene Kraft festsetzte und, nach einem Grundriß, welchen der frei sich auslebende Geist erdachte, ein neues Haus zu zimmern.

Jene, die in diesen städtischen Republiken das Überkommene verteidigten, die an der Staatsauffassung des kaiserlichen Rom festhielten, die von oben nach unten fortschreitend die kaiserliche Macht in einer Stufenfolge bis herab zur Masse des Volkes wirken läßt, nannte man gemeinlich Ghibelinen, die anderen aber, die da glaubten, daß Sinn und Inhalt des Staates durch die gegebenen Notwendigkeiten bestimmt seien, daß das immer klarer in die Erscheinung tretende Ziel des Staates die Kultur sei, hießen Guelfen. Streng grundsätzlich hat man zwar zwischen diesen beiden Namen nicht geschieden. Nur zu oft boten diese den Deckmantel für persönliches Begehren. Kein Wunder, daß die Sage erzählte, diese Namen rührten her von zwei Dämonen Gibel und Gualef, aber nicht von dem deutschen Feldgeschrei: „Hie Welf, hie Waiblingen!“ Dämonische Gewalten schienen es in der Tat zu sein, welche in diesen äußerlich so glänzend sich entwickelnden Städten und zwischen diesen Städten ihr Unwesen trieben. Immerhin! Ein lebendiger Gedanke zielbewußt handelnder Menschen, der sich selbst auf dieser fest gegründeten Erde ein staatliches Haus bauen möchte, steigt hier großartig empor in einer Zeit, die anfing, die immer noch machtvoll sich behauptende Idee des geistlichen Weltstaates als einen glänzenden Irrtum zu erkennen. Das weltliche Papsttum, aber auch die mittelalterliche Kaiseridee mußten im Kampfe mit dem Genius der Zukunft unterliegen.

So lange der deutsche Kaiser mit der Macht seines deutschen Königtums ernstlich in Italien imperialistische Politik treiben konnte, stand der Papst auf der Seite aller Guelfen in Iatlien wie in Deutschland. Als aber nach dem Zusammenbruch der staufischen Reichsidee das Papsttum selber geschwächt war, da wurde der Papst aus einem Guelfen zu einem Ghibelinen. Die Forderung des altrömischen Imperialismus: „Teile und herrsche“, wird dann der Grundsatz der inneritalienischen Politik der Kurie. Das Streben des geistlichen Machthabers, die Zerissenheit der Halbinsel zu einer dauernden zu machen, konnte aber dennoch die erstaunliche Lebenskraft in diesen Bürgerschaften nicht unterbinden.

So furchtbar und so entsittlichend die inneren und äußeren Kämpfe, die diese Stadtstaaten zu führen hatten, auch waren, sie erholten sich immer wieder rasch. Ein großes weltgeschichtliches Ergebnis hatte dieser Hader: Wer sich behaupten wollte, mußte sich zur Geltung bringen. Der Wert der Persönlichkeit wurde jetzt auch dem Geringsten offenbar. Durch die Auswirkung des guelfischen Staatsgefühls wurde nicht nur ein neuer Staatsbegriff geschaffen, sondern auch das Hinstreben der Einzelnen zu dem großen Ziele des Staates: zur Kultur erhielt mächtige Antriebe. Die Blüte von Handel und Gewerbe ermöglichte diese Kultur, die sich um 1200 vornehmlich auf dem Felde der bildenden Kunst, weniger auf geistigem Gebiete offenbarte. Noch ist diese nicht erfüllt von eigenen schöpferischen Gedanken; schon aber überrascht an den entstehenden Baudenkmälern „die Sicherheit des Geschmackes und die Neigung zu einfacher Regelmäßigkeit der Struktur“, die in die Epoche der Renaissance deutet. Dahin weist noch etwas anderes. Sobald der Städter zum Bewußtsein der eigenen Kraft gelangt ist, wird in ihm die Erinnerung an die Größe des republikanischen Rom sofort lebendig. Heidnische und christliche Gedanken und Vorstellungen vermischen sich in grotesker Weise. So verfaßte – um dafür ein Beispiel anzuführen – zu Anfang des dreizehnten Jahrhunderts ein Minorit in Mantua, Bongiovanni, ein langatmiges Lehrgedicht. Eine ganze Fülle von Reminiszenzen an die lateinische Literatur ist hier bunt durcheinander gewirbelt. Als der brave Bruder