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dieser, die Menschen zur Einfachheit des apostolischen Lebens reformieren, zurückformen. Die Sehnsucht nach Wiedergeburt gewinnt mit dem tiefen Eindruck, den diese wunderliebliche Persönlichkeit machte, ungeheuer an Kraft. Noch ein Weiteres! Dieser Heilige steht inmitten der Wunder der Natur. Die Schönheit der Umwelt singt ihm das Lob des Schöpfers. Ein Fleckchen im Garten, so befiehlt er den Brüdern, soll nur mit Blumen bestellt werden. Die ganze Natur ist für ihn beseelt. Ein starkes, durch Gottesliebe vertieftes Naturgefühl ist in ihm wirksam. In allem Lebendigen spürt er den Odem Gottes. Mit ihm beginnt eine neue Epoche. Nicht den Heiligen, wohl aber die Nachgeborenen, die in seinem weiterwirkenden milden Banne standen, hat das durch Franz geweckte Naturgefühl, dieses lebendige Erfassen der Wirklichkeit der Außenwelt, von dem mittelalterlichen Zauber und Wunder weg zur voraussetzungslosen Erkenntnis der Natur rein um der Erkenntnis willen geführt. Die so von Franz eingeleitete Wiedergeburt der Zeiten kündete sich aber auch in seinem lebhaften Empfinden für Musik und Poesie an. Er nennt sich und seine Schüler Gaukler, fahrende Sänger des Herrn, die durch ihre Lobgesänge die Menschen erheben sollen. Ein tiefer innerlicher Drang machte ihn zum Sänger. Einer seiner Biographen erzählt: „Die süßeste Melodie des Geistes, die in ihm glühte, trat in französischen Lauten nach außen. Und die Ader göttlichen Flüsterns, die verstohlen sein Ohr aufnahm, brach in französische Jubelworte aus. Dann begleitete er sich wohl zum Schein selbst auf der Viola. Bisweilen nahm er, wie wir es mit unseren Augen gesehen, ein Stück Holz von der Erde auf, legte es auf den linken Arm und hielt in der Rechten einen mit einem Faden bespannten Stab. Dann zog er über das Holz wie auf einer Viola und sang, die passenden Gesten dazu machend, auf französisch vom Herrn. Häufig endeten diese Dreischrittänze in Tränen, und der Jubel wandelte sich in eine Mitleidsklage um den Herrn.“ Dieser des Gottes volle Mensch mußte zum Dichter werden. Sein Sonnenhymnus preist in der vielgestaltigen Schöpfung die Größe des Schöpfers. Die Gewalt des Empfindens, die diesem Hymnus das majestätische Leben gab, mußte auf seine Zeit und auf die Nachwelt wirken. Die Menschen mußten ergriffen werden von der reinen, ursprünglichen Menschlichkeit, die hier zu ihnen sprach. Das Gefühlsleben wurde mächtig angeregt. Die Kunst des Trecento läßt die Wirkungen erkennen. Nicht zuletzt wurde das Verlangen nach einer Reformation der Kirche durch das von Franz zu hohen Ehren gebrachte Prinzip der vollkommenen Armut gesteigert. Ohne es zu wollen, schmiedete er den nach ihm kommenden Vorkämpfern gegen Rom mit diesem Prinzip eine scharfe Waffe für den Kampf mit der verweltlichten Kirche.

Die Wiedergeburt des Einzelnen, die Reformation der Gesellschaft, der erwachende Glaube an die Möglichkeit eines irdischen Glücks – all das sind Vorstellungen, die eine Gegenwartsfreude wecken mußten. In dieser Zeitstimmung wandelte sich auch die Kaiseridee. Aus theokratischen Vorstellungen des Ostens geboren, war sie im Mittelalter die Trägerin allgemeiner religiös-sittlicher Hoffnungen gewesen. Wie aber dereinst der von den Semiten geformte und dann von den Iraniern veredelte allumfassende Herrschaftsgedanke durch den großen Alexander und dann durch die Augusti Roms im Geiste der hellenischen Lehre von dem göttlichen Adel des Menschen geläutert wurde, so sollte er am Schlusse der staufischen Epoche durch die umlaufenden Lehren von der Wiedergeburt des reinen Menschentums sich mit den Vorstellungen einer weltbürgerlichen Humanität erfüllen. Diese bedeutsame Wandlung der Kaiseridee wurde auch dadurch herbeigeführt, daß die letzten Staufer stärker als die meisten früheren Kaiser den Zusammenhang ihres Imperium mit der ewigen Roma betonten. Dadurch wurden die Blicke vieler Menschen zurückgelenkt in die Zeit der Cäsaren. Der Name Roma, der schon früher in Tagen kaiserlichen Glanzes höher gestimmte Geister geweckt hatte, dröhnte jetzt lauter denn je durch die Welt. Es regte sich das