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über den engen Bereich jenes wirklichen Machtgebietes hinaus, den das Trugbild des dominium mundi im früheren Mittelalter innegehabt hatte.

Abb. 11–13. Bildnisse Heinrichs VI., Friedrichs II. und Philipps von Schwaben. Berlin, Staatsbibliothek. Aus der „Sächsischen Weltchronik“

Der berühmte Kanonist von Bologna, Huguccio von Pisa, der einen Innozenz III. im kanonischen Recht unterweisen durfte, statuiert zum Dekrete Gratians, daß auch die Franzosen und Engländer und „die anderen ultramontanen Nationen“ durch römisches Recht gebunden seien, weil sie dem römischen Reiche unterworfen seien, oder sein sollten. Er kennt nur den Kaiser und unter ihm in den Provinzen nur Könige. Hier taucht der Begriff des Provinzkönigs, des kleinen oder, wie Walther von der Vogelweide sagt, des armen Königs auf. Dem römischen Recht entstammte demnach jener herabsetzende Titel, den Friedrich I. gern anwandte, und den sein Kanzler Reinald noch zum „Königlein“ vergröberte. Was Wunder, wenn darob der Engländer Johannes von Salisbury zornig ausrief: „Wer hat die Deutschen zu Richtern der Völker gemacht? Wer hat den dummen, wütenden Menschen die Macht gegeben, daß sie nach Willkür neue Fürsten setzen über die Häupter der Menschenkinder?“ Über seinen Versuch hinaus, die kleinen Könige Europas mit hochfahrenden Worten vor der Öffentlichkeit herabzusetzen, um seine abendländische Führerstellung dadurch offenbar zu machen, ist Friedrich I. nicht gegangen. Ein Glücksfall: die Gefangennahme des englischen Königs Richard Löwenherz führte später seinen Sohn Heinrich VI., der „die Könige der Provinzen“ zu Lehnsleuten herabzudrücken trachtete, diesem Ziele scheinbar eine kurze Weile näher. Dem zur selbstbewußten Kraft erstarkten nationalen Trieb gehörte aber doch die Zukunft, mochten auch da und dort die im letzten Grunde immer noch feudalen Machtansprüche dieser beiden Staufer sich vorübergehend durchsetzen. Ein Friedrich II. hat den gewaltigen Wandel der abendländischen Staatenwelt erkannt und die Folgerungen aus dieser Erkenntnis gezogen.

Diese universelle Politik Friedrichs I. und Heinrichs VI. ist durchaus mittelalterlich, mittelalterlich ist auch ihr Streben, ein wahrhaftes Weltreich aufzurichten. Nach wie vor übernimmt ein Chronist vom anderen die Lehre von dem römischen Reiche als dem letzten Weltreiche Daniels. Die wirkliche geschichtliche Entwicklung entsprach natürlich den tatsächlichen Verhältnissen. Sie wurde von der gottesstaatlichen Idee höchstens hier gefördert, dort gestört und gehemmt. Niemals aber hatte vor den Staufern ein Herrscher ernstlich daran gedacht, sich die umwohnenden „kleinen Könige“ alle dauernd zu unterwerfen oder gar die Grenzen des Abendlandes in seinem Herrschaftsstreben hinter sich zu lassen. Grundsätzlich neu war die Forderung Friedrichs I., daß ihm nicht nur die Provinzkönige des Westens, sondern auch der byzantinische Kaiser untertan sein müßten. Dem Hunger des sechsten Heinrich nach Macht waren auch die fernen Gebiete Syriens und Nordafrikas nicht mehr zu weit. – Grundsätzlich neu an der Reichsidee der Staufer war auch die von Friedrich I. eingeleitete, von Heinrich VI.