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Abb. 4. Fußfall Heinrichs des Löwen vor Barabrossa. aus der „Sächsischen Weltchronik“. Handschrift der Berliner Staatsbibliothek aus dem Anfang des 14. Jahrh.

auf dieser Erde, das der gewaltige Augustinus geschaut hatte. Die Entwicklung und der Widerstreit dieser beiden Staaten macht auch in der Geschichtsphilosophie Ottos den Inhalt der Weltgeschichte aus. Mit dem Propheten Daniel, der mit einer zuvor nie vernommenen Stärke dem Gefühle der Menschheit Ausdruck verliehen hatte, erscheint ihm die Geschichte als ein zeitlich begrenztes Drama, das der Ewige zu einem bestimmten Zwecke leitet. Die Übergänge der vier Weltreiche bilden die Handlung dieses Dramas, dessen Katharsis in dem überall durchblickenden Gedanken der kommenden Sabbatzeit des Friedens liegt. Das letzte, das römische Reich, muß nach dieser Periodisierung dauern bis an das Ende der Tage. Von Rom, so führt Otto aus, ging die Herrschaft über die Welt auf die Griechen, von den Griechen auf die Franken, von den Franken auf die Langobarden, von den Langobarden auf die Deutschfranken über. Mit der ganzen Bitterkeit seines Herzens sieht er, wie des Reiches Kräfte durch das Anwachsen der immer mehr verweltlichten Kirche dahinschwinden. Er scheut sich nicht auszurufen: „Es dürften vor allen die Priester der Schuld zu zeihen sein, welche das Reich mit ihrem Schwerte, das sie doch selbst von der königlichen Gnade haben, zu schlagen wagen.“ Den Koloß des Nebukadnezar, der auf tönernen Füßen ruht, deutet er auf die verweltlichte Kirche.

Abb. 5. Kämpfende Ritter im 13. Jahrh. (Schlacht bei Bornhöved 1224). Ebenda

Barbarossa hat dieses um 1146 entstandene Werk seines Oheims gekannt. Die Idee des Kaisertums trat also zunächst in geistlichem Gewande in den Gesichtskreis des jungen Herrschers. Freilich lagen schon in Ottos scharfer Kritik des kurialen Machtstrebens die Keime zu einer weltlichen Wertung des Kaisergedankens. In der Luft des sich immer mehr und in immer weiterem Umkreise durchsetzenden römischen Rechtes sollten diese Keime aufgehen. Die „beseelte Weltordnung auf Erden“ hatte Justinian sich genannt und ausgerufen, daß er über den von ihm gegebenen Gesetzen, aber niemals unter diesen stehe. Diese undeutsche absolutistisch-mystische Auffassung der von keinem kirchlichen Zwang eingeschränkten geheiligten Herrschaft lehnte der Rotbart zunächst ab. Nach Rahewin sagte er auf dem Reichstage zu Roncaglia im Jahre 1158: „Obwohl wir den königlichen Namen tragen, so wollen wir doch lieber ein gesetzliches Regiment führen, das auf Erhaltung der Freiheit und des Rechts eines Jeden gerichtet ist, als, wie man es für königliche Art ausgibt, alles ungestraft zu tun, durch Ungebundenheit übermütig zu werden, und die Pflicht