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wie er wirklich die Welt bezwingt. Den nationalen Patriotismus der Dichtung, der sich in dieser in das weite Gewand uralter Weltherrschaftsgedanken hüllt, offenbaren die Verse:

„Bluten muß man können, gilt's des Volkes Ehre!
Mannheit schützt den Herd, daß ihn kein Feind versehre!
Ist Recht durch List verkauft, kauft man's zurück durch Blute,
Der unverletzten Zier des Kaisertums zu Gute.“

Hier spricht das völkische Hochgefühl, das auch den Kaiser und seine Umgebung erfüllte.

Als auf dem Tage von Besançon im Jahre 1157 der Kardinal Roland ein päpstliches Schreiben verlas, in welchem das Kaisertum mit dem allerdings doppelsinnigen, aber doch nach allem Vorhergegangenen nur eindeutigen Worte „beneficium“ als Lehen der Kurie bezeichnete, da hätte man ohne das Eingreifen des Kaisers den Legaten fast erschlagen. Friedrich aber im Vollgefühl seiner Herrschgewalt schrieb dem Papste die zornigen Worte: „Das ertragen, das leiden wir nicht; eher legen wir die Krone nieder, als daß wir die Krone des Reiches zugleich mit unserer Person so in den Staub ziehen lassen!“ Dieses Machtbewußtsein des Herrschers hatte begonnen, sich dem ganzen Volke mitzuteilen. Sein erstes allgemeines nationales Fest feierte dieses deutsche Volk am Pfingstfeste 1184, dem Tage, an welchem des Rotbart älteste Söhne den Ritterschlag empfingen. Eine wahre Heerschau über seine reisigen Scharen konnte damals der Kaiser abhalten. An die 70000 Ritter, so berichten die Quellen gewiß übertreibend, aber gerade in dieser Übertreibung den Eindruck widerspiegelnd, den das Fest machte, seien damals im goldenen Mainz zusammengeströmt. Helle Daseinsfreude kennzeichnete diesen glänzenden Tag. „Frau Welt“ selber hatte dazu geladen, Frau Welt, die den Kaisergedanken, den man damals feierte – zuvor eine mehr oder minder schemenhafte Idee – den Menschen faßbar und greifbar zu machen suchte.

Der von der Antike geprägte und von dieser als dauerhafter denn Erz betrachtete Kaisergedanke hatte im Mittelalter eine theologisch-philosophische Patina erhalten. Diese wird in der staufischen Epoche entfernt. Der Kaiser selber zieht jene alte Weltidee aus der Höhe des Überirdischen herab und versucht, sie fest auf diese Erde zu stellen. Da soll sie sein, was sie in den Tagen der Cäsaren Roms war: der Bürge der Einheit der in den römischen Kulturkreis einbezogenen Welt und der Träger der Weltordnung. Dieses in seinen geistigen Wirkungen weltgeschichtliche, kühne Unterfangen kam dem mählich sich wandelnden Zeitbewußtsein entgegen. Die Geister fingen an, zu begreifen, daß das Ziel der vorangegangenen Jahrhunderte: der Gottesstaat, nicht zu verwirklichen sei, solange Menschen Menschen sind; und das Kaisertum, das jetzt mit Entschiedenheit von dem erdenfernen Ideal der Väter zu der Wirklichkeit dieses Lebens schwenkte, hat, trotzdem es schließlich den noch einmal zusammengerafften Kräften der versinkenden Epoche erlag, grade durch die Tragik seines Endes den Zweifel der tiefer Blickenden an der Berechtigung und Möglichkeit des theokratischen Herrschaftsgedankens in die Erkenntnis der im Staate ruhenden Naturnotwendigkeiten gewandelt. Das römische Recht, das „Kaiserrecht“, bereitete diese Verweltlichung der Lehre vom Staate vor. Die grundsätzliche Änderung der Auffassung des Kaisergedankens tastete nun aber nicht nur an das innere Wesen der erstrebten päpstlichen Theokratie, sie berührte auch die Gewissen der Einzelnen.

Nicht ohne inneren Kampf wird Barbarossa den Kaisergedanken von dem Traumbild des Gottesstaates abgelöst haben. Für die allumfassende Herrschaftsidee hatte ihn sein Oheim, der gelehrte Bischof von Freising, Otto, begeistert. Dessen „Bücher von den zwei Staaten“, dem irdischen und dem himmlischen, stehen noch ganz im Banne des Gesichtes vom Gottesreich und dessen Gegenbild