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I. Der staufische Reichsgedanke

Abb.2. Statue Friedrichs II. vom Triumphtor in Capua. Nach Agincourt (Vgl. Abbildungen 67 und 68)

Geht ein Ahnen durch die Welt in jenen seltenen Augenblicken, wenn ein herrschgewaltiger Gigant geboren wird? Die Sage der Völker von ihren übermenschlichen Heroen scheint das vorauszusetzen. Von dem großen Alexander raunte sie, daß Gott Ammon in Drachengestalt ihn gezeugt habe, und daß bei seiner Geburt die Erde unter Donner und Blitz erbebte. Die Mutter des ersten römischen Imperators, bei dessen Geburt die Welt kreißte, sah vor ihrer Niederkunft im Traume, wie sich ihr ein Drache nahte, während ein anderes Gesicht kündete, aus ihrem Schoße gehe die Sonne auf.

Der antike Dämon der Weltherrschaft – ersichtlich der Kosmosdrache, der mit Tatzen, Schuppenleib und Schweif den Erdball umklammert – wird in der Sage auch der Vater jenes Staufers, der als letzter in der Reihe der römisch-deutschen Cäsaren das, wie er glaubte, schicksalsmäßig der ewigen Roma für immer zugefallene Imperium über die Welt in seiner antiken Größe wiederherstellen wollte.

Das Traumbild der Mutter Friedrichs II. von ihrer Empfängnis durch den Lindwurm kleidet in großartiger Weise den in der staufischen Reichsidee noch einmal vor seinem Untergang verklärten erhabenen Irrtum des Mittelalters ein von dem die Welt befriedenden Kaiser. Drei kaiserliche Recken wagten sich an das Unmögliche, den Weltherrschaftsgedanken aus dem Reiche des mittelalterlichen Wähnens in die Wirklichkeit des Lebens zu überführen. Er konnte nicht körperlich werden im Irdischen. Seinen Trägern aber verlieh er überragende Erhabenheit, wundervollen Schwung, tragische Größe.

In den Tagen des Rotbart dichtete ein Mönch des Klosters Tegernsee, in dessen enge Zelle ein heller Strahl von dem Sonnenglanze fiel, der Kaiser Friedrich I. auf der Höhe seiner Macht umgab, ein „Spiel vom Antichrist“. Die bis in die frühesten christlichen Zeiten zurückreichende Vorstellung von der Sabbatruhe der Welt unter einem gewaltigen Weltkaiser vor dem Ende aller Dinge wird in dieser gegenwartsfrohen, naiven dichterischen Einkleidung zur Verherrlichung der staufischen Politik verwertet. Das Spiel läßt den Rotbart die Worte sprechen: „Die Macht, welche unsere Vorfahren verfallen ließen, wird die Macht unserer Allgewalt wieder erlangen.“ Es zeigt in dramatischen Bildern,