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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

sei. Der Dampfer machte eine hastige unelegante Schwenkung, wie eine korpulente bäuerliche Tänzerin, und legte, merklich sanfter geworden, beim massiven Annenburgschen Brettersteg an. Ein unsanfter Ruck – da hielt er; eine Tauschlinge flog über den eingerammten Pfosten.

Ernst Philippis Blicke schweiften suchend über die zusammengedrängten Fuhrwerke am Landungsplatz. „Ah!“ sagte er befriedigt, „ich sehe schon meinen Wagen. Es sind übrigens nur zwei herrschaftliche Equipagen da.“

„Ist ... ist Frau Pastorin Berger wirklich ihre Cousine?“ fragte Claire plötzlich.

Er sah sie lächelnd an. „So ungefähr, wie Sie meine Cousine sind, gnädiges Fräulein. Ich wollte nur der guten Klatschbase das Lästermaul stopfen.“

„Das ist Ihnen prächtig gelungen!“ rief Claire herzlich. „Also leben Sie recht, recht wohl!“ Sie ergriff ihr Handgepäck und schritt leichten Ganges über den Steg, er folgte mit seinem Koffer.

„Ich bringe Ihnen Ihren Koffer nach!“ rief er und kehrte wieder auf das Dampfboot zurück.

Ratlos sah Claire sich um, dann eilte sie auf eine Equipage zu. Sie war mit zwei flinken Füchsen bespannt. Der jugendliche Kutscher trug keine Livree, aber eine neue blaue Mütze.

„Pastorat Kronenthal?“ fragte Claire.

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)