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Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken: Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken (1798)

alte abscheuliche Stadt. Da kommst du durch keine einzige breite und gerade Straße, alle sind krumm, schmal, winkelicht, finster und meist so enge, daß man nicht weiß, wie man den Fiakern ausweichen soll. Du findest in der ganzen Stadt keinen einzigen Gegenstand, an dem dein Auge mit Vergnügen haftet, wenn es der arabische Stephansthurm nicht ist. Die Häuser sind hohe ungeheure Steinmassen von 4. 5. 6. auch wohl 9 Stockwerken, wahre noachische Archen, ohne allen Geschmack, ohne alle Kunst in Anlagen und Ausführung. Das Palais der Fürsten Lichtenstein in der Herrngasse, das beynahe eine ganze Straße lang ist, wurde erst vor einigen Jahren aufgeführt, und ist wirklich unter aller Kritik. Ich suche ihm immer auszuweichen, so oft ich in diese Gegend komme, um meinen Augen nicht wehe zu thun, eben so, wie der kaiserlichen Burg, die ein finsteres melancholisches Gebäude ist. Dieses ewige Einerlei thut eine unbeschreiblich üble Wirkung, und man befindet sich ordentlich wohl, wenn man den Straßen entronnen ist, um auf dem Hof oder dem hohen Markte frische Luft athmen zu können. Diese 2 Plätze sind die schönsten in der Stadt, und der erste könnte leicht zu einem angenehmen Spatziergange umgeschaffen werden. Eine zweite Ursache des Mißbehagens ist gewiß das ungeheure Menschengewühl für einen Fremden, der Paris, Londen und Neapel nicht gesehen hat. Dieses