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Nr. 12. Beiblatt zu den Fränkischen Blättern. 1848.


Der zerrissene Ritter vom Todtenkopf.
Eine Schauergeschichte, welche das Eigenthümliche hat, daß sie zwar nicht passirt ist, aber doch hätte passiren können.

1.

Die Nacht war dunkel, wie die Zukunft Germaniens. Der Sturm, rasend mit der ganzen Macht, die ihm gerade zu Gebote stand, brach in den Forsten die stolzen Eichen und in den Wohnungen der armen Staubgeborenen die zitternden Fensterscheiben. Die Unholde und Gespenster erhoben sich aus den Grüften, gingen zähnefletschend, doch mit Anstand auf den Kreuzwegen auf und ab oder rissen die Eingeweide der Gestorbenen zum schrecklichen Mahle aus den erschrockenen Grabhügeln, die mit heiserer Stimme wohl zu bekommen wünschten.

Hugo, der Ritter vom Todtenkopfe, saß in seiner einsamen Burg, schweigend wie das herannahende Unglück, finster brütend wie das böse Gewissen. Er war Tyrann im vollsten, reinsten Sinne des Wortes, allen Lastern und noch einigen anderen größern und kleinern Fehlern ergeben. Sein Schwert vergoß aus Liebhaberei ganze Meere von Blut und unzählbare Verwünschungen belasteten mit Centnerschwere das schuldbefleckte, ruchlose Sein seines Daseins. Er war Mörder aus Grundsatz und ließ oft an einem Tage drei bis vier seiner treuen Knappen über die Klinge springen, worauf diese gewöhnlich die irdischen Leiden mit den himmlischen Freuden vertauschten und fröhlich zu ihren Vätern und Müttern gingen. Von seiner Religion etwas zu sagen, ist unmöglich. Doch hielt er sich nach löblicher Rittersitte einen Burgpfaffen, hauptsächlich aus dem Grunde, um mit diesem in seinen Mußestunden, deren er täglich vier und zwanzig hatte, zu zechen und Würfel zu spielen.

„Conrad!“ rief jetzt der Ritter, vor Wuth schäumend, einem alten gebrechlichen Knappen zu, „Conrad!“

Der Unglückliche schlich mit tiefgesenktem Haupte herbei.

„Kusch’ Dich!“ brüllte der Gebieter, wild die Augen rollend, und der mit einem ehrwürdigen Silberbarte versehene Greis legte sich auf den Bauch, streckte die abgemagerten, entfleischten Hände vor und drückte gehorsam den Kopf auf die Erde.

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Eduard Kauffer (Red.): Der Nürnberger Trichter. Friedrich Campe, Nürnberg 1848, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fr%C3%A4nkische_Bl%C3%A4tter_nebst_dem_Beiblatt_Der_N%C3%BCrnberger_Trichter.djvu/145&oldid=- (Version vom 31.7.2018)