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Hermann Wimmer (Red.): Der Nürnberger Trichter

Nr. 6. Beiblatt zu den Fränkischen Blättern. 1848.


„Er wird berappt.“[1]
Eine gelehrte Abhandlung von Dr. Rob. Hase.

Ich weiß nicht, welcher geniale Kopf Thüringens das große Wort: „Berappen,“ erfunden, wenigstens diesem Worte die großartige Bedeutung beigelegt hat, die es jetzt besitzt. Dies aber weiß ich, daß er ein Denkmal haben müßte, dauerhafter als Erz, wenn wir nur jetzt Geld und Zeit zu Denkmälern hätten. Denn er hat eine Lücke in unsrer Sprache ausgefüllt, die bisher den gewandtesten Sprechern die unsäglichsten Schwierigkeiten bereitet hat. Begriffe, für deren Ausdruck wir uns ehemals ängstlich nach den verschiedenartigsten Wörtern und Umschreibungen umsehen mußten, werden nun mit einem kurzen und kräftigen Worte ausgedrückt, mit dem Worte: „Berappen“!

Bekommt z. B. ein Schüler von seinem Lehrer oder ein Beamter von seinem Vorgesetzten einen Verweis, vielleicht wegen Faulheit oder freier Reden: anstatt uns der abgedroschenen und gemeinen Ausdrücke „heruntermachen“ oder „abmucken“ zu bedienen, brauchen wir jetzt das edle Wort: „Er wird berappt.“

Geräth Jemand im Bierhause in einen Disput, vielleicht über Monarchie oder Republik, über breite oder nichtbreite demokratische Grundlage, und es wird ihm dermaßen zugesetzt, daß er das Maul halten muß; gleich sagen wir kurz und kräftig: „Er wird berappt.“

Wird er vielleicht gar beim Kopfe genommen, um diesem Kopfe durch schlagende Gründe und haarige Argumente eine bessere Einsicht in die Sache zu verschaffen, muß er seinen Rücken zur „breitesten Grundlage“ für knüppelhafte Beweise hergeben, fliegt er wohl gar, einen Rockschooß oder zwei zurücklassend, aus dem Disputirsaale hinaus; so sagen wir ebenfalls: „Er wird berappt.“

Wird Einer arretirt und muß brummen, so hätte er wohl ehemals nicht gewußt, was ihm geschieht; jetzt aber weiß er: „Er wird berappt.“

Auch Ludwig Philipp, Guizot und Metternich sind „berappt“ worden, und wenn, wie v. Wydenbrugk sagt, im Falle der Noth die großen ehernen Redner ihre donnernde Stimme werden erheben müssen, – man nennt

sie auf Deutsch Kanonen, – so wird man wohl bald


  1. Ein in Thüringen jetzt sehr gebräuchlicher Ausdruck.
Empfohlene Zitierweise:
Hermann Wimmer (Red.): Der Nürnberger Trichter. Friedrich Campe, Nürnberg 1848, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fr%C3%A4nkische_Bl%C3%A4tter_nebst_dem_Beiblatt_Der_N%C3%BCrnberger_Trichter.djvu/121&oldid=- (Version vom 31.7.2018)