Hermann Wimmer (Red.): Der Nürnberger Trichter | |
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Nr. 5. | Beiblatt zu den Fränkischen Blättern. | 1848. |
Wer hier und da manchmal den Doktor gespielt
Und öfters der Zeit an den Puls hat gefühlt,
Der weiß doch, wo Manchen das Schüchelchen drückt
Und wo es ihn kneipet und wo es ihn zwickt.
Den Zuhörern ein paar Recepte verschreiben.
Wenn Einer recht schreit von Organisation
Der Arbeit, von Reform und Revolution,
Wenn jedweden Bauer „Herr Bruder“ er nennt
Das ist jetzt, so lang noch ein Landtag auf Erden,
Das schönste Recept – Deputirter zu werden.
Wenn Einer All’s glaubt, was ein Anderer spricht
Und Jedwedem borgt auf sein ehrlich Gesicht,
Und seiner Frau giebt, wenn der Geldbeutel leer:
Wenn Einer noch zweifelt an Bartwichs in Bärten,
Das ist ein Recept – um ein Schafkopf zu werden.
Wenn Mädchen die Freier an Fingern herzählen
Wenn schnippisch sie sagen: Na, drücke dich bald!
Der ist mir zu dick und der ist mir zu alt.
Wenn stets sie nur träumen von Kutschen und Pferden,
Das ist ein Recept – alte Jungfer zu werden.
Und ’s Mädchen eine Mutter, die noch etwas flott,
Dann muß er der sagen: wie reizend, wie schön!
Man könnte Sie fast für die Schwester ansehn.
Noch reizend? – Das ziehet wie spanische Fliegen,
Hermann Wimmer (Red.): Der Nürnberger Trichter. Friedrich Campe, Nürnberg 1848, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fr%C3%A4nkische_Bl%C3%A4tter_nebst_dem_Beiblatt_Der_N%C3%BCrnberger_Trichter.djvu/117&oldid=- (Version vom 31.7.2018)