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Hermann Wimmer (Red.): Der Nürnberger Trichter

Gespräch zweier Liebenden.

Der deutsche Michel. Aber sag’ einmal, Schätzchen, warum bist Du mir so oft schon untreu geworden?

Jungfer Freiheit. Das ist Deine Schuld, lieber Michel.

Michel. Meine? Wie so?

Freiheit. Weil Du selber mir niemals treu geblieben bist.

Michel. Geh’, Du spaßest. Hab’ ich nicht oft schon in allen Ehren um Dich geworben? Habe ich mir nicht oft schon alle erdenkliche Mühe um Dich gegeben?

Freiheit. Ganz recht! Aber sobald ich Dir nur das geringste Lächeln, den geringsten freundlichen Blick zeigte, da dachtest Du auch gleich, Du hättest mich schon, und ich könnte Dir gar nicht wieder entgehen, und da zogst Du Deine Pudelmütze wieder über die Ohren und bekümmertest Dich nicht weiter um mich. Das ist nicht recht, Michel. Wir Mädchen wollen nun einmal, daß man uns auch keinen Augenblick vernachlässige, daß man gleichsam immer wieder von Neuem um uns werbe. Ich wenigstens bin so.

Michel. Na, sei nur ruhig, liebes Kind, diesmal will ich’s besser machen.

Freiheit. Gewiß? Nun ich hoffe. Ich würde Dir auch sonst auf lange, lange Zeit den Rücken kehren, vielleicht auf ewig; und das sollte mir doch leid thun, denn Du bist im Grunde ein guter Kerl, und ich mag Dich wohl leiden.

Michel. Ich schwöre Dir bei Allem, was heilig –

Freiheit. Halt, keine Schwüre! Ich kann die Schwüre nicht leiden. Sie sind am Ende doch nur zum Brechen da. Thaten, Michel, Thaten, aber keine Schwüre!

Michel. Was willst Du, Herz, das ich thun soll? Sprich! Befiehl!

Freiheit. Du sollst Alles thun und wagen um meinetwillen, Du sollst bereit sein, Gut und Blut für mich aufzuopfern.

Michel (begeistert). Alles, Alles, meine Freundin!

Freiheit (scherzhaft). Ja, Gut und Blut, und selbst – Deinen Zopf.

Michel (etwas ängstlich). Auch – meinen – Zopf?

Freiheit. Auch den!

Michel (mit einem Seufzer). Den alten, guten, lieben, deutschen Zopf! – (Nach einer Pause entschlossen) Nun, wenn’s einmal nicht anders sein kann – ja, Freiheitchen, selbst meinen Zopf will ich Dir opfern.

Freiheit (freundlich). Willst Du wirklich? Nun, das ist löblich, Michel. Denn so lange Du Deinen Zopf behältst, wird nichts Rechtschaffnes aus Dir.

R. H.     

Alles zu eurem Besten.

Bauer. ’s ist aber doch kurios, Herr Pfarrer, Sie haben uns am Sonntag eine so schöne Predigt über die Mäßigkeit gehalten, und da ist Ihr Nachbar, der Herr Pfarrer in Steckenhofen, der hat alle Wochen ein paarmal seinen Hieb, und jetzt hat er sich gar den Arm ausgefallen, weil er beim Heimgehen aus der Mittwochsgesellschaft die Staffeln vor dem Sonnenwirthshaus vergessen hat.

Pfarrer. Alles zu eurem Besten, mein werther Freund! Ich wirke mit dem Wort, und er giebt das abschreckende Beispiel.


Allerlei.

Auch eine Erklärung.

Das Reich verwest, drum schnell den Reichsverweser!

Wie wäre denn das zu verstehn?

Einfach so: das alte gute römisch-deutsche Reich vom Mittelalter her geht aus dem Leime, denn der westphälische Rechtsboden ist durchlöchert, aus dem der gnädige Herr V. steht, und damit der Herr V. völlig durchfällt, hat man einen Mann hingesetzt, der mit dem mittelalterlichen Kram aufräumen soll, und den nennt man Reichsverweser. Hut ab!


„Als Pylhagoras seinen Lehrsatz erfunden hatte, opferte er eine Hekatombe. Seitdem zittert jeder Ochs, wenn eine neue Wahrheit entdeckt wird.“ – Wenn Börne Recht hat, wie mögen sie da erst jetzt zittern, wo viele neue Wahrheiten sogar Gemeingut werden sollen!



Redaction: Dr. Hermann Wimmer.     Verlag von Friedrich Campe in Nürnberg.
Druck der Campe’schen Officin.
Empfohlene Zitierweise:
Hermann Wimmer (Red.): Der Nürnberger Trichter. Friedrich Campe, Nürnberg 1848, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fr%C3%A4nkische_Bl%C3%A4tter_nebst_dem_Beiblatt_Der_N%C3%BCrnberger_Trichter.djvu/112&oldid=- (Version vom 31.7.2018)